Institutsleiterin Elisabeth Pless in einem Beratungsraum des Instituts
Institutsleiterin Elisabeth Pless

Epilepsie: “Kein blödes Leben”

Lesezeit: 2 Minuten

Mit ihrem österreichweit einzigartigen Institut in Eggenberg hilft Elisabeth Pless Menschen, die durch Epilepsie mit Problemen im Berufsleben konfrontiert sind.

Was haben der brasilianische Fußballer Ronaldo, Elton John und Lil Wayne gemeinsam? Sie leiden, wie auch 80.000 ÖsterreicherInnen, an Epilepsie. Epilepsie ist eine Erkrankung des zentralen Nervensystems. Die sehr unterschiedlich ablaufen kann, je nachdem an welcher Stelle im Gehirn sie auftritt – angefangen beim kurzfristigen Verlust der Sehfähigkeit bis hin zum Zittern einzelner Gliedmaßen. Die bekannteste Form, bei der der Erkrankte zitternd am Boden liegt, ist statistisch gesehen am seltensten. „In Österreich ist Epilepsie nach wie vor eine Tabu-Krankheit, im europaweiten Vergleich ist man Schlusslicht, wenn es um die Aufklärung zu Epilepsie geht“, erklärt Elisabeth Pless, Geschäftsführerin des Instituts für Epilepsie und Arbeit. Das, obwohl rund fünf Prozent der Bevölkerung zumindest einmal in ihrem Leben einen epileptischen Anfall erleiden.

Professionelle Beratung am Institut für Epilepsie und Arbeit

Das Institut für Epilepsie und Arbeit wurde 2010 gegründet. Mit Sitz in der Georgigasse in Eggenberg ist es die einzige Organisation in Österreich, die Beratungen anbietet. Das Institut wird durch das Sozialministerium und Spendengelder finanziert. Die sechs Fachberaterinnen betreuen Erkrankte in der Steiermark in persönlichen Gesprächen, manchmal werden sie auch in anderen Bundesländern tätig. “Es ist ganz selten, dass wir alle im Institut sind, meine Kollegin ist beispielsweise häufig in Tirol oder Vorarlberg unterwegs”, betont Pless. Sie selbst hat Chemie, Mikrobiologie und Wirtschaft studiert. Als ihr Mann an Epilepsie erkrankte und sie bemerkte, wie wenig Hilfe es für Betroffene gab, begann sie 2005 sich mit Epilepsie zu beschäftigen. Nun hat sie sich mit ihrem Institut hohe Ziele gesteckt: “Das größte Ziel ist, dass irgendwann alle alles über Epilepsie wissen, dass es irgendwann keine Sensibilisierung mehr braucht.”

Für Arbeitnehmer…

Neben privaten und persönlichen Hürden, welche die Diagnose Epilepsie mit sich bringt, führt sie in den meisten Fällen auch zu Problemen im Berufsleben. Hier versucht das Institut für Epilepsie und Arbeit zu helfen. Jährlich 175 Betreuungen schafft das Institut, Anfragen gibt es fast viermal so viele. Gibt es aufgrund der Erkrankung Probleme am Arbeitsplatz, kann der Betroffene die Beratung des Instituts kostenfrei in Anspruch nehmen. Die Beraterinnen versuchen in erster Linie den aktuellen Arbeitsplatz des Betroffenen zu sichern. “Wir schauen uns an, was macht der konkret an seinem Arbeitsplatz und ob sich das mit seiner Form der Epilepsie vereinbaren lässt”, erklärt Pless. Sollte ein Berufswechsel notwendig sein, suchen die Beraterinnen zusammen mit dem Erkrankten nach Umschulungsmöglichkeiten. Auch Betroffene, die sich auf Arbeitssuche befinden, können sich an das Institut wenden. Hier suchen die Beraterinnen nach Branchen oder konkreten Jobs, in denen Epilepsie den Arbeitsalltag kaum bis gar nicht beeinträchtigt.

Postkarten des Institut für Epilepsie und Arbeit mit Sprüchen zum Thema Epilepsie
Postkarten-Kampagne des Instituts. – Foto: Michael Rothschädl

…und Arbeitgeber

Ein weiteres wichtiges Tätigkeitsfeld ist die Betreuung von Unternehmen, in denen Erkrankte arbeiten. Fehlendes Wissen über Epilepsie schürt Ängste, denen die Beraterinnen im Gespräch mit den Arbeitskollegen des Erkrankten auf den Grund gehen. „Solange wir diese Ängste von Chef und Kollegen nicht wegbringen, ist unser Job nicht erledigt“, betont Pless. Ebenfalls erklärt das Institut den ArbeitskollegInnen des Erkrankten, wie ein möglicher Anfall aussieht und wie sie sich dabei verhalten sollten. “Epileptische Anfälle können von Mensch zu Mensch völlig anders aussehen, deshalb ist es so wichtig, dass man eine persönliche Beratung für jeden Fall anbietet“, sagt Pless.

Aber auch die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für Epilepsie hat sich das Institut zur Aufgabe gemacht. Derzeit läuft eine Kampagne mit Postkarten, auf denen Sprüche rund um das Thema Epilepsie stehen. „Tief Luft holen, ist nur ein blöder Tag – kein blödes Leben“, ist auf einer Karte zu lesen. Die öffentliche Wahrnehmung ist von Vorurteilen geprägt, dem möchte man mit solchen Kampagnen entgegenwirken. Pless: „Epilepsie wird oft mit geistiger Behinderung assoziiert, obwohl Menschen mit Epilepsie durchschnittlich den gleichen IQ wie der Durchschnittsbürger haben.“

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