Laura Schindler hilft während der Sessions, gibt Tipps und steht mit ermunternden Worten zur Seite.
Laura Schindler bei ihren Drawing Sessions

Von der Großstadt ins Annenviertel: Life Drawing Sessions

Lesezeit: 3 Minuten

Seit März veranstaltet Laura Schindler am Lendplatz Nr. 5 Life Drawing Sessions. Sie ist eine der wenigen KünstlerInnen, die nach ihrer Ausbildung in ihre Heimatstadt Graz zurückgekommen ist. Jetzt will die passionierte Akt-Zeichnerin frischen Wind in die Grazer Kunstszene bringen.

Trotz Temperaturen rund um 30 Grad haben sich bereits einige Personen in der Penthousewohnung am Lendplatz 5 eingefunden und unterhalten sich locker. Gegen die Hitze stehen eiskalte Getränke und Ventilatoren bereit. Kurz nach halb sieben eröffnet Laura Schindler ihre sechste Life Drawing Session. Rund zehn Personen sind gekommen, um in einer zwanglosen Atmosphäre zu zeichnen. Dafür stellt Schindler jedes Mal ein anderes Modell, Akt oder im Kostüm, und verschiedene Materialien zu einem Preis von zwölf Euro zur Verfügung. Begonnen hat sie damit im März 2019. Sie will kreativen Menschen die Möglichkeit bieten, sich künstlerisch weiterzuentwickeln: „Als ich selbst mit dem Aktzeichnen angefangen habe, war ich erstaunt, welchen Aufschwung das meinen Arbeiten gegeben hat.“ Das Aktzeichnen helfe, jeden künstlerischen Stil zu verbessern und weiterzuentwickeln. Ihre eigenen Grafiken sind vom asiatischen Manga-Stil geprägt, ein Beispiel davon ist auf dem Cover der diesjährigen Printausgabe der Annenpost zu finden.

Laura Schindler (links) steht während den Sessions mit hilfreichen Ratschlägen zur Seite. - Foto: Life Drawing Salon Graz
Laura Schindler (links) steht während den Sessions mit hilfreichen Ratschlägen zur Seite. – Foto: Life Drawing Salon Graz

Bei den Grazerinnen und Grazern kommt das Angebot gut an, sagt Schindler: „Die Leute sehnen sich nach mehr als Party und Netflix. Und das Gestalten ist ein tief verankertes Bedürfnis des Menschen.“

Als ausgebildete Illustratorin, Grafikerin und leidenschaftliche Akt-Zeichnerin steht die 27-Jährige den TeilnehmerInnen während der Sessions mit guten Tipps und freundlichen Worten zur Seite. Sie selbst besuchte nach der Ortweinschule Graz die Akademie für Illustration und Design im Berliner Künstlerviertel Kreuzberg, die sie im Frühjahr 2017 mit dem Titel „Illustrationsdesignerin“ und ihrem eigenen Comic Festival Madness in den Händen abschloss. 

Laura Schindler ist nicht die einzige Künstlerin, die von Graz nach Wien, Linz oder ins Ausland abwandert, weil dort das Angebot an künstlerischen Ausbildungen weit größer ist. Allerdings ist sie eine der wenigen, die wieder in ihre Heimatstadt zurückkam. Deshalb gibt es in Graz immer wieder Diskussionen um eine Universität für angewandte Kunst. Pläne dafür oder für andere Initiativen wie die von Offener Betrieb 2018 scheinen aber nie wirklich aufzugehen. 

Pastellmalen
Technik, Stil und Materialien sind jeder/m TeilnehmerIn selbst überlassen. – Foto: Life Drawing Salon Graz

Zurück nach Graz

Auch Schindler zog es nach ihrer Ausbildung erstmal nicht zurück nach Graz. Das hat sich aber geändert: „Früher war ich sehr Graz verdrossen und musste unbedingt raus, jetzt sehe ich die Stadt mit anderen Augen und möchte etwas zur Kunstszene beitragen.” Deshalb hat sie jetzt die Drawing Sessions, die sie während ihres fünfjährigen Aufenthaltes in Berlin kennenlernte, mit in ihre Heimatstadt gebracht.  „Mir war klar, wenn ich weiterhin zu Aktzeichen-Events dieser Art gehen wollte, würde ich das Ganze selbst in die Hand nehmen müssen.“ Genau das hat sie getan. 

Das Modell wählt Schindler jedes Mal aufs Neue aus. - Foto: Life Drawing Salon Graz
Das Modell wählt Schindler jedes Mal aufs Neue aus. – Foto: Life Drawing Salon Graz

Ungefähr zwei Stunden dauert eine Einheit in ihrem Life Drawing Salon Graz. Zwei Stunden, in denen verschiedenste Menschen zusammenkommen, um gemeinsam zu zeichnen, zu trinken und sich gegenseitig auszutauschen. Letzteres liegt Schindler bei ihren Sessions besonders am Herzen: „Ich versuche die TeilnehmerInnen dazu zu motivieren, sich in der Pause und nach der Session zu unterhalten und auszutauschen, weil ich weiß, dass einige KünstlerInnen eher introvertiert sind und einen kleinen Schubs brauchen.” Damit spricht sie ein Problem an, das die Grazer Kunstszene ebenfalls prägt: die schlechte Vernetzung unter den wenigen KünstlerInnen. 

Die Grazer Kunstszene steht in Bezug auf Größe und Vielfalt in keinem Vergleich zu Berlin, auch beruflich stehen Schindler in Graz weniger Möglichkeiten offen. Trotzdem bereut sie die Entscheidung, wieder nach Graz gezogen zu sein, nicht: „Ich finde es schade, dass zu viele kreative Menschen in die Hauptstädte verschwinden und es dann in kleineren Städten nichts vergleichbar Ansprechendes für interessierte Menschen gibt. Es ist wichtig, dass man sich die Welt ansieht und viel lernt und Eindrücke aufnimmt. Aber ich finde es auch wichtig, dann wieder zurückzukommen und deine Inspirationen, Ideen und Fähigkeiten zu teilen und die Heimatstadt aufzuwerten.“

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