„Wir arbeiten daran, den Plabutsch erlebbar zu machen“

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Der Grazer Stadtförster und Plabutsch-Experte Peter Bedenk zeigt bei einem Lokalaugenschein die Schätze des Naherholungsberges und warnt vor sorgloser Umsetzung der Pläne der schwarz-blauen Koalition im Rathaus. 

Über eine Gondelseilbahn soll der Plabutsch mit dem Thalersee in einem rund 40 Millionen Euro Projekt erschlossen werden, so lautet die Idee der Grazer ÖVP und FPÖ. Bei den Oppositionsparteien, aber auch vielen GrazerInnen, lässt die teure Attraktivierung des Naherholungsgebietes die Wogen hochgehen. Schwarz-blau hat dem öffentlichen Druck nachgegeben und eine Volksbefragung für 2020 angesetzt. Sie wollen diese aber erst durchführen, nachdem die Fakten im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung offengelegt wurden.

Peter Bedenk ist seit 27 Jahren Förster der Stadt Graz und kennt jeden Meter am Plabutsch. Die Annenpost hat sich mit ihm am Berg getroffen. Er erzählt, wie sich eine Seilbahn auf den Plabutsch auswirken würde und gibt Einblicke in die Entwicklung des Hausbergs.

Die Seilbahn-Trasse von 1954 wird nicht neu instand gesetzt

Wir stehen am Ende des Marktannerweges in Gösting und betrachten die alte Talstation des Sessellifts: „Hier lief die Trasse kerzengerade hinauf, direkt zum Fürstenstand.“ Peter Bedenk zeigt auf die Lichtung hinter der verfallenen Talstation der ersten Plabutsch-Seilbahn, die von 1954 bis 1971 betrieben wurde.

Stadtförster Peter Bedenk steht vor der Talstation des alten Sessellifts
Stadtförster Peter Bedenk steht vor der Talstation des alten Sessellifts – Foto: Pia Puswald

„Die Straße ist so steil und eng hier herauf – da möchte man nicht mal zu Fuß gehen, ebenso gibt es keine Parkplätze und keinen Platz, eine Infrastruktur entstehen zu lassen. Deswegen will die Politik die Seilbahn woanders neu erschließen“, erklärt Bedenk auf die Frage, wieso man die bestehende Trasse nicht wieder instand setze. Die alte Talstation ist in Privatbesitz und wird in nächster Zeit abgerissen, um dort neue Wohnungen zu bauen. Die Seilbahn wurde 1971 wegen eines tödlichen Unfalls eingestellt.

Damals versagten gegen Liftschluss die Bremsen, als der Lift kurz angehalten werden musste. Der überwiegend Richtung Tal besetzte Lift geriet außer Kontrolle und erreichte das Fünffache seiner Normalgeschwindigkeit. Die Fahrgäste wurden an der Talstation aus den Sitzen geschleudert, auch wartende Personen wurden von herumfliegenden Sesseln getroffen und verletzt. Als kurze Zeit später die Zusatzbremse griff, sprang das Stahlseil durch den Ruck an einer Liftsäule heraus, wodurch ein Fahrgast zehn Meter in die Tiefe stürzte und verstarb. „Die Zeit war dann nicht mehr reif für eine Seilbahn“, sagt Bedenk.

Neue Waldschule soll Städtern die Natur näherbringen

Wir fahren weiter bis zu einer Lichtung. Dort steht der Karolinenhof. Die Fenster der ehemaligen Schenke sind verriegelt, ein schweres Gitter verstellt die Eingangstüre. Die Stellen, an denen die Fassade noch nicht heruntergebröckelt ist, wurden mit Graffiti beschmiert. Hier soll die neue Waldschule, ähnlich wie es schon eine im Leechwald gibt, entstehen. Groß und Klein sollen in verschiedenen Spezial-Programmen die Funktionen und Besonderheiten des Waldes näher kennenlernen. Mit der Plabutschbahn, so wie diese aktuell geplant ist, werde sie nicht erschlossen werden, diese verlaufe dann direkt darüber. „Es gibt jetzt Sanierungsprogramme, um den Karolinenhof wieder aufzuwerten.” Man wolle es so rasch wie möglich umsetzen – Fördermittel dazu sind bereits zugesagt.

 

Der alte Karolinenhof soll zu einer Waldschule umfunktioniert werden
Der alte Karolinenhof soll zu einer Waldschule umfunktioniert werden – Foto: Pia Puswald

Trüffel vom Plabutsch für die Lange Tafel der Genusshauptstadt

Ein Stück weiter im Wald möchte Peter Bedenk etwas zeigen. Wir folgen ihm den Karolinenweg hinunter. „Wir wollen dieses Stückchen Wald schützen – denn genau hier finden wir immer Trüffel!“ Jeder darf hier aber nicht Trüffel suchen: „Wir beauftragen dafür Leute, die mit Trüffelsuchhunden die Pilze sammeln und die Standorte kartieren – mit einem Teil beliefern wir die Genusshauptstadt Graz mit ihren Mitgliedsbetrieben. Heuer beliefern wir sogar die Lange Tafel!“ An der von den Stadttouristikern gedeckten Langen Tafel, einer Festtafel vom Grazer Hauptplatz bis in die Schmiedgasse, werden jedes Jahr rund 750 Gäste mit kulinarischen Köstlichkeiten verwöhnt.

Der Grazer Hausberg ist nicht für jede/n zur Naherholung nutzbar

Auch hier beim Karolinenweg geht es steil bergauf. Das sei der eigentliche Grund, warum man eine Seilbahn bauen möchte, erzählt Bedenk. Im Moment ist der Plabutsch nicht für jede Grazerin und jeden Grazer als Naherholungsgebiet nutz- und erreichbar. Die bestehenden Wanderrouten sind nur gesunden und sportlichen Menschen zumutbar. Alternative Routen anzulegen würde sich nicht auszahlen, denn der Berg sei zu stark zerfurcht und der Aufwand, neue Wege zu bauen, wäre enorm. Die Entscheidung, ob man so eine Aufstiegshilfe baut, sei eine rein politische, die Frage sei nur, ob man das Geld so oder für etwas anderes einsetzen möchte.

Peter Bedenk reißt einen großen Grashalm ab und versucht damit zu pfeifen. Er erklärt, dass das Geräusch, das dabei entsteht, dem Ruf einer Rehmutter ähnelt. Wir unterhalten uns über Rückzugsgebiete der Tiere und er erzählt, dass man hauptsächlich die Ostseite des Berges Richtung Graz beleben wolle, damit die Tiere ihre Ruhezonen behalten könnten.  „Graz ist eine wachsende Stadt, wo man Naherholungsgebiete – egal in welcher Form – erschließen und sich diese als Stadt sichern muss, damit man sie verantwortungsvoll bewirtschaften und betreuen kann. Ich finde die große Kritik an dem Projekt gerechtfertigt, wo Leute sagen, wir haben gewisse Schutzgüter hier, die man abklären und untersuchen muss. Auf der anderen Seite ist der Bedarf an Naherholung da. Wenn man das Plabutsch-Gondel-Projekt ernsthaft machen möchte, muss man auch Ausgleichsflächen und Ruhezonen schaffen“, so Bedenk.

Wir steigen wieder ins Auto, fahren ganz hinauf zum großen Parkplatz und gehen Richtung Heurigen. „Da, wo die Terrasse des Gasthauses ist, war einmal die Bergstation des Sessellifts und da, wo die Sender stehen, soll die Bergstation der geplanten Seilbahn kommen“, sagt er und zeigt auf die zwei großen Metallmasten hinter uns.

Das Panorama, dass der Plabutsch bietet, ist einzigartig in Graz
Das Panorama, dass der Plabutsch bietet, ist einzigartig in Graz – Foto: Pia Puswald

Aussichtsplattform bleibt für Besucher gesperrt

Wir spazieren weiter zum Fürstenstand. Er ist die Panoramaplattform am Gipfel des Plabutschs und liegt auf 754 Metern Höhe. Seinen Namen verdankt er dem Besuch von Kaiser Franz I. im Jahr 1830. Eine Gedenktafel erinnert heute noch daran. Erbaut wurde er 1839 aus Holz und dann 1852 in Form einer Schnecke aus Stein.

Schon von unten sieht man große Löcher in der Steinmauer. Erneuert wird er, wie es aussieht, nicht. Er ist in Privatbesitz der Familie Mausser, die auch den gleichnamigen Heurigen gleich darunter betreibt. Da er aber für die Öffentlichkeit zugänglich sei, solle – das finden zumindest die Besitzer – auch die Stadt dafür aufkommen, diese fühlt sich jedoch nicht zuständig, so Bedenk. Deswegen ist der Fürstenstand nun schon seit Jahren immer wieder gesperrt, um Druck auf die Stadt auszuüben. Die Aussicht von oben bietet einen 360 Grad Blick über die Steiermark bis zu den weststeirischen Grenzbergen mit Hebalm und Koralm.

Peter Bedenk betrachtet die Risse in der Fassade des Fürstenstandes – Foto: Pia Puswald

Uhus und Fledermäuse: Nicht ohne Eingriffe in das Ökosystem möglich

Auf die Frage, ob der Bau der Seilbahn und die damit verbundene Abholzung große Schäden im Ökosystems des Berges anrichten würde, antwortet er: “Das Stück Wald, welches für die Seilbahn abgeholzt werden soll, wäre wegen der geringen Fläche verkraftbar, dennoch ist es ein Eingriff.” Wichtiger wäre, dass die Stadt über so viele Flächen wie möglich verfüge, damit sie sicherstellen könne, dass diese gehegt und gepflegt werden. „Man sieht am Plabutsch gleich, welche Flächen bisher von uns bewirtschaftet wurden – die anderen sind meist kahl“, so Bedenk.

Eine der öffentlichen Bedenken sind die am Plabutsch beheimateten Fledermäuse und Uhus, die durch eine Seilbahn gestört werden würden. Die Fledermäuse leben im alten Steinbruch und können nicht umgesiedelt werden: “Uhus und Fledermäuse werden durch die Seilbahn in ihrem Lebensbereich gestört.” Umsiedeln ginge nicht, weil sie an ihren Lebensraum angepasst seien, so Bedenk und warnt: “Ohne Eingriff geht es nicht – es gibt eben nicht so viel Naherholung in Graz, daher ist es umso wichtiger, verantwortungsvoll zu planen und dabei auch alle Begleitmaßnahmen zu berücksichtigen und umzusetzen. Dazu muss aber die Stadtpolitik voll und geschlossen dahinter stehen.“ Bedenk steht dem Plabutsch-Projekt neutral gegenüber, wenn es aber zur Umsetzung komme, müssten auch die nötigen Begleitmaßnahmen berücksichtigt werden.

 Naherholungsgebiete sind keine Selbstverständlichkeit

Bedenk erkennt am Berg bereits die Auswirkungen der Klimakrise: „Man sieht am Plabutsch die Kahlflächen, verursacht durch Eisregen, Schnee und Unwetter.“ Peter Bedenk vertraut auf die Entscheidung der BürgerInnen: „Es gibt gleich viele Argumente dafür wie dagegen – die Entscheidung hat die Politik jetzt den Bürgern übertragen!“

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