Trommeln, Trockner, Techno

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Von Wahrsagerinnen, Weltreisenden und Waschsalon-Clubbing – ein Blick in die Waschtrommeln der beiden einzigen Waschsalons in Graz.

Von: Hanna Gries, Michaela Gsell, Jasmin Hebenstreit

Schildkröten, Haie, Fische und Oktopusse lachen von den blauen Wänden herunter – die Szene erinnert an Atlantis. Die Stadtluft weicht dem Geruch von Waschmittel. Der Waschsalon Unter Wasser  in der Volksgartenstraße lädt seit zwei Jahren auf einen U-Boot-Trip ein.

Nicht umsonst heißt dieser Waschsalon Unter Wasser – Foto: Jasmin Hebenstreit

Die beiden einzigen Grazer Waschsalons befinden sich im Annenviertel und ziehen unterschiedlichste Personen an. In ihrer Vielfalt sind sie ein Spiegel des diversesten Grazer Stadtviertels. Gründe, warum die Leute kommen? „Große Wäschestücke wie Bettdecken, eine defekte Waschmaschine zuhause oder der Komfort einen Trockner zur Verfügung zu haben”, zählt Inhaber Oswald Held unter anderem zu den Motiven der KundInnen. “Ebenso gibt es in sehr kleinen Wohnungen aus Platzmangel einfach keine Waschmaschine”, sagt er.

„Man könnte ein Buch schreiben über die Menschen, die herkommen“, erzählt ein Mitarbeiter des Waschsalons Unter Wasser. Wahrsagerinnen, schrullige Professoren, Großfamilien, die mit 15 Bananenschachteln voll Kleidung einen Waschtag veranstalten, wilde Polterrunden und Menschen, die trotz eigener Waschmaschine immer wieder zum Waschen und Tratschen in den Salon kommen – er habe bereits alles erlebt.

Keine Seltenheit sind ratlose Singlemänner, die während der Wartezeit den einen oder anderen Flirtversuch starten oder das Geld in das Waschmittelfach werfen. „Und dann wundern sie sich, warum die Waschmaschine nicht funktioniert“, schildert eine andere Mitarbeiterin.

Von Atlantis nach Amerika

Szenenwechsel: Die Tür schließt sich. Das Rattern der Waschmaschinen löst den Verkehrslärm ab. Der schwarz-weiße Fliesenboden ähnelt einem Schachbrett, mintgrüne Wände mit einem schwarzen Schriftzug – Retro-Feeling pur. Ein Hauch von Amerika mitten am Griesplatz im Waschsalon Graz.

Eine Reisegruppe von jungen Leuten arbeitet sich durch einen riesigen Wäscheberg. Sie kommen aus allen Ecken der Welt. „Das ist das erste Mal, dass wir in einem Waschsalon unsere Wäsche waschen. Es ist aber sicher nicht das letzte Mal. Wir reisen noch ein Jahr um die Welt“, erzählt Iris aus Chicago. Ein so kosmopolitisches Gespräch ist keine Seltenheit in den Waschsalons des Annenviertels.

Für Iris und ihre Freundinnen sind Waschsalons auf ihrer Weltreise unabdingbar. – Foto: Jasmin Hebenstreit

Harald Reiter, Inhaber des Waschsalons am Griesplatz, bestätigt, dass die Vielfalt an Menschen, die hierherkommen, keine Grenzen kennt: Weltreisende, PensionistInnen, StudentInnen, Ortsfremde und NachbarInnen – um nur ein paar zu nennen. „Es kann auch vorkommen, dass sich, vor allem im Sommer, jemand bis auf die Unterhose auszieht und auch noch seine Schuhe in die Waschmaschine wirft“, erzählt Reiter lächelnd.

Sein Waschsalon ist aber für mehr zu gebrauchen als bloß zum Wäsche waschen: Fotoshootings, Videodrehs, Lesungen, aber auch ein Techno-Clubbing fand hier erst kürzlich im Rahmen des Nachbarschaftsfests Grieskram statt.

Die Dämmerung bricht an. Waschmaschinen laufen noch auf Hochtouren. Offenheit und Hilfsbereitschaft werden in Waschsalons definitiv groß geschrieben. Ein junger Mann aus Indien erklärt einem ratlosen Singlemann mit Händen und Füßen, wie die Waschmaschinen funktionieren. Nach und nach leeren sich die letzten Trommeln. Dann heißt es Licht aus. Bis sich die Türen am nächsten Morgen für neue Gesichter und ihre Geschichten wieder öffnen.

Eine Südburgenländerin, die immer Ausschau nach neuen Fotomotiven hält. Wenn sie nicht gerade hinter der Kamera steht, vergräbt sie ihre Nase in Büchern.

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