Heldinnen nehmen ihr Leben in die Hand

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Aufgezwungene Rollenbilder, traditionsbedingte Gewalt und Unterdrückung durch patriarchale Systeme: trauriger Alltag für viele Mädchen auch in Österreich. Das Projekt Heldinnen will das ändern.

Von: Lukas Lorber, Marie Miedl-Rissner und Anna Papst

Ein einfaches Rollenspiel. Vater und Onkel diskutieren über die Zukunft der Tochter. Der Disput: studieren oder gleich heiraten, das Mädchen selbst hat dabei nichts zu melden. Aufsehen erregen und eine Diskussion entfachen, das ist das Ziel der Heroes bei Workshops in Schulen. Die Themen sind persönlich und emotional. “Es sind schon Mädchen weinend aus der Klasse gelaufen”, sagt der 17-jährige Kushtrim Alili aus Mazedonien, ein zertifizierter Hero.

Im Jänner 2017 startete in Graz mit Heroes ein Projekt für junge Burschen aus sogenannten Ehrenkulturen. Das sind Kulturen, wo die Familienehre über allem steht, auch über den Rechten der Mädchen und Frauen. Die Heroes setzen sich für ein gleichberechtigtes Zusammenleben von Frauen und Männern ein. Das weibliche Pendant dazu stellen nun die Heldinnen dar. „Es ist ein einzigartiges Projekt in der Steiermark. Wir sind Pionierinnen“, erklärt eine der Projektleiterinnen, Christine Hoffelner, stolz. 

Gewalt hat viele Gesichter

Ziel der Heldinnen ist es, in den nächsten Monaten bis zu 30 Mädchen auszubilden. Das Projekt soll vor allem Mädchen und junge Frauen mit Migrationshintergrund im Alter zwischen 14 und 30 Jahren ansprechen. Diese sind oft traditionsbedingter Gewalt und Benachteiligung ausgesetzt: Manche dürfen etwa abends das Haus alleine nicht verlassen und haben viel weniger Freiheiten als ihre Brüder. Werden sie Opfer von Gewalt, geben sie sich gar selbst die Schuld. 

Wie an dem aktuellen Mordfall in Kitzbühel deutlich wird, sind Gewalttaten im näheren Umfeld natürlich nicht nur in Ehrenkulturen ein Problem. Da dieses Projekt jedoch vom Integrationsfonds des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres gefördert wird, liegt das Hauptaugenmerk auf MigrantInnen.

 

Gruppenleiterinnen Nadina Faffelberger und Ndona-Adjanie Kamucote und Projektleiterin Christine Hoffelner
Gruppenleiterinnen Nadina Faffelberger und Ndona-Adjanie Kamucote und Projektleiterin Christine Hoffelner (von links) – Foto: Lukas Lorber

Role Models für ein Herzensprojekt

Bei der Suche nach den Gruppenleiterinnen gab es klare Vorstellungen. „Uns war es wichtig zu spüren, dass es wirklich ein Anliegen ist, als ‘Role Model’ zu arbeiten“, sagt Christine Hoffelner. Eine der Gruppenleiterinnen, Nadina Faffelberger, sagt: „Ich habe davor im Flüchtlingsdienst gearbeitet und dort sehr viel traditionsbedingte Gewaltformen erlebt. Auch selber wurde ich damit konfrontiert.“ Sie wolle sich nun gegen diese Unterdrückung einsetzen.

Bei wöchentlichen Gruppentreffen unterhalten sich die angehenden Heldinnen über aufgezwungene Rollenbilder, die Entstehung der Frauenbewegung und verschiedenste Formen von Gewalt. Den beiden Gruppenleiterinnen liegt besonders am Herzen, dass für die Mädchen ein sicherer Raum entsteht, wo sie kritische Inhalte offen besprechen können. Nach rund sechs Monaten erhalten die Teilnehmerinnen ein Zertifikat. Damit dürfen sie dann Workshops an Schulen durchführen, begleitet von einer der beiden Gruppenleiterinnen.

Als Projektauftakt ist am Weltmädchentag (Freitag, den 11.10.2019) um 16 Uhr ein Flashmob am Grazer Hauptplatz geplant, als Zeichen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen. 

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