Radfahren im Annenviertel: Über Hürden und Hoffnungen

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Unterwegs mit dem Rad im Annenviertel stößt man noch auf einige Barrieren. RadfahrerInnen fordern dringende Verbesserung. Die angekündigte Radverkehrsoffensive für Graz weckt neue Hoffnungen.

Frühmorgens in der Alten Poststraße direkt vor der FH Joanneum herrscht Chaos: eine Polizistin leitet die hupenden Autos um. Die FußgängerInnen halten sich vom Lärm genervt die Ohren zu. Ein paar RadlerInnen schieben frustriert ihre Drahtesel durch die Unterführung, weil die Durchfahrt zurzeit verboten ist. Ein Radfahrer sucht eine alternative Fahrstrecke, da vor ihm ein Bagger auf dem Radweg parkt. Dabei stößt er fast mit einer Fußgängerin zusammen, weil diese mit zugehaltenen Ohren seine Zurufe überhört. Die Bauarbeiten für die neue Straßenbahnlinie nach Reininghaus werden wohl noch bis Ende 2020 für Lärm, Umleitungen und den ein oder anderen Zusammenstoß sorgen.

Radfahrerinnen werden von Baggern auf dem Radweg ausgebremst
Ein Bagger versperrt die Radfahrerüberfahrt – Foto: Severin Kann

Im Annenviertel gibt es auch abseits davon noch einige Hürden für RadfahrerInnen: rasende Autos am Lendkai, Laternenmasten inmitten der Radwege. Fehlende Radwege beim Kalvariengürtel und am Südtirolerplatz sowie rote Ampeln, die Radfahrer nicht erkennen und somit nicht auf „grün“ schalten. Auch die Annenstraße stellt stadteinwärts eine Herausforderung dar: Zwischen Bim und Gehsteig ist höchste Vorsicht geboten, um nicht in die Straßenbahngleise zu geraten.

Heiß diskutiert: die geplante Radoffensive

Die Stimmung beim Grazer RadlerInnen-Stammtisch der Radlobby Argus Steiermark ist ausgelassen. Es wird geplaudert, gelacht, getrunken und natürlich heiß diskutiert. Eine kleine Fahne mit dem Argus Radlobby Logo thront auf dem Tisch. So unterschiedlich die Stammtischgäste auf den ersten Blick auch scheinen mögen, eines haben sie alle gemein: Ihre Begeisterung fürs Radfahren. Beinahe jede Woche trifft sich der Stammtisch im Gasthaus Postl am Esperantoplatz. Natürlich kommt jeder mit dem eigenen Fahrrad. Bei dem einen oder anderen Bier tauschen sich die Radaffinen über die neuesten Radgadgets, problematische Radwege und künftige Projekte aus. Ein heiß diskutiertes Thema ist diesmal die neue Radverkehrsoffensive im Großraum Graz.

Radfahrerinnen diskutieren beim RadlerInnen-Stammtisch der Radlobby.
Der RadlerInnen-Stammtisch diskutiert über die neue Radverkehrsoffensive – Foto: Maria Allmann

Vor Kurzem präsentierten Stadt Graz und Land Steiermark ihr neues Vorhaben: Insgesamt 100 Millionen Euro sollen in den Radverkehr in Graz und Umgebung fließen. Dadurch würde Graz als erste Landeshauptstadt über 30€ pro Erwachsenen im Jahr investieren. Ziel ist es, den Anteil der RadfahrerInnen am Verkehrsaufkommen bis 2030 auf 40% zu verdoppeln. Der sogenannte „Masterplan Radmobilität“ soll nicht nur das alltägliche Radfahren attraktiver gestalten, sondern auch für eine erhebliche Reduktion von Verkehrsstaus und Feinstaub sorgen.

Das Maßnahmenpaket beinhaltet unter anderem Fahrradgaragen, videoüberwachte Fahrrad-Abstellplätze, Beleuchtungsanlagen und Leitsysteme. Außerdem ist von einem flächendeckenden Radwegnetz für Schnellrouten, Mittel- und Kurzstrecken die Rede. Konkrete Projekte der Stadt Graz gibt es bis jetzt allerdings noch nicht.

Dringende Verbesserungen im Annenviertel

Das Annenviertel ist, was die Radinfrastruktur betrifft, noch etwas rückständig, so die Diagnose der Experten am Stammtisch. Zwar baute man in letzter Zeit in der Köflacherstraße und Eggenberger Straße, jedoch ist in den letzten Jahren sonst nicht viel passiert. Wichtige Ost-West-Verbindungen fehlen. Stephan Landgraf von der Radlobby Argus Steiermark meint: „Das Annenviertel ist aber in guter Gesellschaft mit Puntigam, Liebenau, Gösting, Strassgang und Wetzelsdorf – überall kaum Radinfrastruktur.“

Was könnte nun die Radoffensive dem Annenviertel bringen? Den Rad-Lobbyisten im Gasthaus Postl fallen sofort einige dringende Verbesserungen ein: ein durchgehender Radweg vom Don Bosco Bahnhof in Richtung Innere Stadt oder eine direkte Radverbindung von der Peter-Tunner-Gasse ab der Kreuzung zur Waagner-Biro-Straße zur Mur. Weiters fordert die Radlobby mehr Abstellplätze und Personal für die Planung und Umsetzung von Radprojekten. Außerdem müssen insgesamt bessere Rahmenbedingungen für RadfahrerInnen geschaffen werden, wie zum Beispiel eine generelle Radwegbreite von mindestens 2,50 Meter, um ein sicheres Vorbeifahren zu garantieren.

Laut Stephan Landgraf gibt es ein zu großes Angebot für AutofahrerInnen. RadfahrerInnen würden vernachlässigt. Viele Leute fühlen sich mit dem Rad überfordert aufgrund der von Autos stark befahrenen Straßen. „Die Menschen fahren viel zu oft unnötig mit dem Auto – weil es ihnen zu leicht gemacht wird.“

 

Argus Radlobby Stammtische

Der Stammtisch findet normalerweise jeden Dienstag um 19 Uhr im Gasthaus Postl statt.

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