Statt dem C&A steht hier blad ein 4-Sterne-Hotel

Vier Sterne für die Annenstraße

Lesezeit: 3 Minuten

Die C&A-Filiale am Hauptbahnhof hat eine lange Tradition. Mit Sommer 2020 soll sie abgerissen werden. An ihrer Stelle will die Wiener Immobilienfirma Peter Pilz & Partner ein neues Luxushotel errichten. 

von Sarah Reichl & Sarah Emminger

Dutzende Menschen wühlen sich hektisch durch das Festtagssortiment. In ihren Händen tragen sie Weihnachtspullis, Kuschelsocken und warme Mützen. Im Hintergrund ertönt leise Musik, bunte Plakate machen auf Sonderangebote aufmerksam. Das Weihnachtsgeschäft in der C&A-Filiale boomt, doch es wird das letzte Mal sein, dass sie ihre Türen für die umsatzstärkste Zeit des Jahres öffnet.

Das dreistöckige Geschäft gibt es schon seit 1986. Die gute Verkehrsanbindung und große Auswahl machen es zu einem beliebten Einkaufsort. “Ein Hotel kommt her? Ich habe gedacht, ich höre nicht richtig. Man wird das schon spüren, wenn der C&A nicht mehr da ist, weil er der größte in Graz ist”, meint eine ältere Kundin. Ab nächstem Jahr muss sie – wie die restliche Grazer Kundschaft des Konzerns – auf die verbleibenden Filialen in den Einkaufszentren Seiersberg, Murpark und Graz Nord zurückgreifen. Trotz guter Einnahmen sei der Mietvertrag nicht verlängert worden, heißt es aus der C&A-Zentrale in Wien. Die Mitarbeiter der Filiale in der Annenstraße wollten sich dazu nicht äußern.

 

C&A Annenstraße bei Nacht
Die Filiale ist vor allem wegen ihrer guten Erreichbarkeit und großen Auswahl bei Kunden beliebt – Foto: Sarah Reichl

International und luxuriös

Bereits vor einem Jahr hat der Immobilienentwickler und Bauträger Peter Pilz aus Wien das Gebäude gekauft, mit dem Hintergedanken, dort ein Hotel zu errichten. Geplant ist ein 4-Sterne-Hotel mit 230 Zimmern auf 7000 m². Welcher internationale Hotelbetreiber einzieht, ist noch nicht geklärt. „Wir sind im Gespräch mit sehr vielen bekannten Hotelketten. Uns ist ein ordentlicher Standard sehr wichtig”, sagt Pilz.

Die Wahl ist aufgrund der guten Lage auf diesen Standort gefallen. „In Bahnhofs-Nähe gibt es keine Hotels, die mit unserem vergleichbar sein werden”, erklärt Pilz. Mit luxuriösem Design und Angeboten wie Konferenzräumen will sich das Hotel vom Mitbewerb abheben. Planmäßig soll der Bau, der etwa 18 bis 24 Monate dauern wird, im zweiten Halbjahr 2020 starten. Für das erste Projekt seiner Firma außerhalb Wiens ist Pilz bereits mit örtlichen Baufirmen sowie einem Grazer Architekten im Gespräch.

 

Hotelplan
So könnte das neue Hotel aussehen – Foto/Rendering: Peter Pilz & Partner

Kräftiges Wachstumspotenzial

Für Dieter Hardt-Stremayr, den Geschäftsführer von Graz Tourismus, ist das geplante Projekt sinnvoll. Graz wolle in naher Zukunft von den derzeit 1,13 Millionen Nächtigungen pro Jahr (Stand: 2018) um 500.000 wachsen und dafür brauche es innovative Konzepte. „More of the same“ helfe dem Standort nicht weiter. „Das haben zwischenzeitlich auch internationale Ketten erkannt und lassen mehr Individualisierung zu als noch in der Vergangenheit”, sagt der Experte. Er ist außerdem davon überzeugt, dass Graz eine nachhaltige und gesunde Tourismusentwicklung braucht.

Das geplante Hotel könnte neue Besucher bringen, da internationale Ketten häufig attraktive Loyalitätsprogramme bieten. Auch die Hotel-Brand spielt dabei eine wichtige Rolle, denn dieser prominente Platz brauche laut Hardt-Stremayr nicht nur einen ansehnlichen Baukörper, sondern auch einen guten Betreiber. Die Rolle des Annenviertels im Tourismus hat sich in den letzten 20 Jahren stark geändert. Damals wurden der Bahnhofsbereich oder die Annenstraße noch als Randgebiete angesehen. Heute gilt es eher als Sub-Zentrum oder wird gar noch als Teil der Innenstadt wahrgenommen.

Ein neuer Rivale

Was für TouristInnen mehr Auswahl bedeutet, heißt für die anderen Hoteliers im Viertel vor allem eins: mehr Konkurrenz. Das 4-Sterne-Hotel “Drei Raben” in der Annenstraße bekäme mit einem Luxushotel am Hauptbahnhof einen neuen Rivalen. Demnach freut man sich dort wenig über die Pläne. “Es ist nicht nötig, dass an diesem Standort ein neues Hotel entsteht. Das könnte zu einem harten Konkurrenzkampf führen, der auch jetzt schon manchmal über niedrige Preise ausgetragen wird”, sagt ein Mitarbeiter, der anonym bleiben möchte. Sorgen mache er sich aber keine, da geplante Projekte oft nicht umgesetzt werden und es ohnehin noch Jahre bis zum fertigen Hotel dauern würde. Auch der Geschäftsführer des Hotel Daniel am Hauptbahnhof, Mihajlo Mecanovic, äußert sich wenig erfreut und teilt die Meinung, dass diese Gegend kein neues Hotel braucht.

Das Baubewilligungsverfahren ist noch am Laufen. “Der Standort ist natürlich ein sehr wichtiger für Graz und es spielt auch eine Rolle, was die Anrainer sagen”, erklärt Peter Pilz. Auf die Bewilligung hoffe man sehr, aber ob man sie bekommt, könne man letztendlich nie wissen.

Abenteuerlustige Oberösterreicherin mit einer Vorliebe für guten Kaffee und Yoga. Außerdem Hundeliebhaberin, Poetry-Slammerin und (hoffentlich) irgendwann mal Politikjournalistin.

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