Wegen der Corona-Maßnahmen gingen am 16. März 2020 alle Schulen in Österreich in den Notbetrieb über. Der Unterricht verlagerte sich ins Internet, das Lernen in die heimischen vier Wände. Homeschooling – von einem Tag auf den anderen. Ein Einblick in die Situation im Annenviertel.
Diese neuartige Situation fordert LehrerInnen, SchülerInnen, DirektorInnen und auch Eltern heraus. Das Feedback aus dem Annenviertel zur neuen Form des Unterrichtens fällt überwiegend positiv aus. Vielen SchülerInnen fehlt technische Ausrüstung. Sie haben beispielsweise keinen eigenen Computer zur Verfügung. “Einige arbeiten mit dem Smartphone, das ist aber sehr mühsam”, berichtet Frau Weiker-Schwarz, Direktorin des BG/BRG Oeversee. “Wir kennen die unterschiedlichen Lernsituationen unserer SchülerInnen zuhause nicht, auch nicht die Infrastruktur, die ihnen zur Verfügung steht”, sagt Frau Hüttl-Zeder, Direktorin der Modellschule Graz. Um diese Unterschiede zu kompensieren, sprechen sich die LehrerInnen über den Umfang ihrer Lerninhalte ab und die SchülerInnen und ihre Eltern melden zurück, wie sie zurechtkommen. So finden alle gemeinsam ein gutes Maß, das niemanden überfordert. “Es braucht vor allem zu Beginn viel Organisation und eine gute Koordination aller Beteiligten”, so Hüttl-Zeder.
Für viele Kinder und Jugendliche stellt die Schule den Mittelpunkt ihres sozialen Lebens dar. Durch die Schulschließung verloren sie einen Ort des Austausches und des Miteinanders. “Vor allem die Jüngeren kommen mit der Trennung von ihren FreundInnen zunehmend schlechter zurecht”, sagt Frau Petermandl, Direktorin der HLW Schrödinger.
Unterstützung auch in Krisenzeiten
An der Modellschule Graz haben sich soziale Lernstunden bewährt. Diese werden von den jeweiligen KlassenvorständInnen geleitet und finden während der Corona-Krise online statt. In diesen Stunden haben die SchülerInnen die Gelegenheit, sich über den Unterricht auszutauschen und soziale Kompetenzen zu erwerben. “Das Gefühl zu haben, zusammen zu sein, auch wenn man getrennt ist – gerade das ist Unterstützung”, sagt Frau Hüttl-Zeder.
Motivation sei für das Distance Learning besonders wichtig. Aufmunterndes Feedback, lustige Lernvideos und unterschiedliche Lernformen machen an der Modellschule den neuen Schulalltag abwechslungsreicher. Über ein derzeit besonders stark gefragtes Krisenteam verfügt die HLW Schrödinger. Eine Betreuungsperson kümmert sich um SchülerInnen, die Schwierigkeiten haben. Direktorin Petermandl ist es wichtig, alle SchülerInnen umfassend zu begleiten und ihnen ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln.
Um Eltern zu entlasten, sind Schulen verpflichtet, Betreuung für SchülerInnen anzubieten. Bis zur 9. Schulstufe können Eltern ihre Kinder in die Schule schicken. Anfangs wurde dieses Angebot nur spärlich genutzt, nach den Osterferien war jedoch ein deutlicher Anstieg der Nachfrage zu erkennen.
Während dieser stressigen Zeit, müssen die SchülerInnen nicht auf Nachhilfe verzichten. Das Nachhilfeinstitut Kaidisch bietet auch während der Corona-Krise Unterricht an. Die Nachhilfelehrer unterrichten mithilfe von Videotelefonie oder auch telefonisch. Inhaber Immanuel Kaidisch berichtet von ausschließlich positiven Reaktionen auf die Online-Nachhilfe. Neue technische Hilfsmittel erleichtern das Lernen. “Die Eltern sind uns sehr dankbar, dass wir ihre Kinder weiterhin beim Lernen unterstützen, ohne dass diese dabei ein gesundheitliches Risiko eingehen müssen”, sagt Kaidisch.
Normalität an Schulen in weiter Ferne
Auch Bildungsminister Heinz Faßmann sprach von einem Schwung für das digitale Lernen – diesen müsse man nun nutzen. Die befragten Schulen werden künftig vermehrt E-Learning einsetzen. “Eine gewisse Scheu vor diesen digitalen Lernformen wurde abgelegt”, so Frau Hüttl-Zeder.
Anfang Mai kehrten in einem ersten Schritt die MaturantInnen und SchülerInnen der Abschlussklassen von Berufsschulen wieder in die Schule zurück. Am 18. Mai folgen Volksschulen, AHS-Unterstufen, Neue Mittelschulen und Sonderschulen. Als Letztes läuft Anfang Juni der Unterricht in AHS-Oberstufen und BHS wieder an. Auch im nächsten Schuljahr werden die Auswirkungen der Corona-Krise auf den Bildungsbereich spürbar sein. Unklar sei derzeit, ob geplante Projekte, Reisen und Austauschprogramme stattfinden können, sagt Frau Hüttl-Zeder. Es wird noch länger dauern, bis an den Schulen wieder Normalbetrieb herrscht.