Porträt von Sandra Jensen, Leiterin der Schulsozialarbeit von ISOP

ISOP Schulsozialarbeit: Sozialer Klebstoff im Homeschooling

Lesezeit: 3 Minuten

Die Corona-Krise hat auch Schulsozialarbeiter*innen im Annenviertel vor neue Herausforderungen gestellt. Sandra Jensen von ISOP über den neuen Alltag von Kindern zwischen Klassenzimmer und virtuellen Treffen. 

Von: Alexandra Philippitsch, Lina Schiffer

„Die Schulen haben aus dem ersten Lockdown im Frühjahr viel gelernt”, sagt Sandra Jensen. Sie leitet das Team der Schulsozialarbeit bei ISOP, das verantwortlich dafür ist, Kinder im Schulalltag und im Erwachsenwerden zu begleiten. Nicht nur Lehrer*innen sondern auch Kinder und Jugendliche hätten wichtige Erfahrungen mitgenommen. In einem Eintrag im Blog der Schulsozialarbeit schreibt ein/eine Mitarbeiter*in, dass die Kinder den ersten Lockdown hauptsächlich als positiv empfanden. Sie hätten mehr Zeit mit ihren Eltern verbracht oder sich Frühwarnungen ausbessern können. Der Text zitiert auch ein 13-jähriges Kind, das meinte: „Ich habe die Schule nicht so sehr vermisst wie meine Freunde, aber ich bin draufgekommen, dass Schule schon viel mehr ist als nur Mathe lernen.”

Schulsozialarbeit im Homeschooling

Im ersten Lockdown ließ sich die Schulsozialarbeit viele neue Formate für die Betreuung einfallen, einen gemeinsamen Happy Dance online zum Beispiel, außerdem gab es Empfehlungen für Lernseiten, Quizzes oder Bücher. Als freiwillige Aufgaben konnten die Kinder etwa ein Corona-Tagebuch führen oder einen Text darüber schreiben, wie es ihnen geht. Ein Tagebucheintrag, der im Blog zitiert wird, sah so aus: „Lange schlafen, Hausübung gemacht, Rad gefahren, Playstation gespielt, mit Freunden telefoniert”. In den Texten schrieben die Kinder über ihr Befinden und ihren Alltag in der Pandemie. Sie nahmen dieses Angebot zahlreich in Anspruch, denn die Schulsozialarbeit erreichten, laut Blog, über 100 Mails mit den verschiedenen Erfahrungsberichten. Seit Jahren fördert ISOP gemeinsam mit anderen Einrichtungen auch eine “Mädchengruppe”, die vorübergehend ebenfalls online stattfindet. In den virtuellen Treffen bemalen Schülerinnen etwa Masken, gestalten Schmuck und basteln Weihnachtskarten.

Während im ersten Lockdown noch Chaos angesichts verschiedenster Online-Plattformen herrschte, die im Einsatz waren, verwenden die Schulsozialarbeiter*innen dieses Mal hauptsächlich Microsoft Teams für wöchentliche Updates mit den Klassen, erzählt Jensen. Die Schulsozialarbeiter*innen sind auch sehr aktiv in den sozialen Medien, vor allem auf Instagram, und bleiben so mit den Kindern und Jugendlichen in Kontakt. Jensen betont, wie stolz sie auf ihre Mitarbeiter*innen ist, da es ihnen durch Social Media gelungen sei, zu beinahe allen Jugendlichen, die die Schulen im Frühjahr nicht mehr erreichen konnten, den Kontakt wiederherzustellen.

ISOP Schulsozialarbeit

Die Schulsozialarbeit ist ein Tätigkeitsbereich der Non-Profit-Organisation ISOP (das Kürzel steht für “innovative Sozialprojekte”), die in der Dreihackengasse angesiedelt ist. Sandra Jensen und ihr Team sind in Graz, Leoben und Mürzzuschlag tätig. Andere steirische Bezirke werden von dem Verein SOFA und der Caritas abgedeckt. In ganz Graz ist die ISOP Schulsozialarbeit an 24 Schulen tätig, davon sind neun im Annenviertel. An der St. Andrä Schule gibt es die Schulsozialarbeit bereits seit 22 Jahren. „Wir sind nicht an ,Problem-Schulen‘. Alle Schulen, an denen wir tätig sind, sind freiwillig dabei und offen für Hilfe“, betont Jensen. Das Ziel von Schulsozialarbeit ist es, Kinder nicht mit ihren Problemen allein zu lassen und sie beim Erwachsenwerden zu begleiten. „Schulsozialarbeit ist auch nicht für Problemkinder. Schulsozialarbeit ist für Kinder, die möglicherweise Probleme oder Herausforderungen haben“, sagt Jensen, die auch an der FH Joanneum am Studiengang Soziale Arbeit als Lehrende tätig ist.

Die Schulsozialarbeiter*innen haben eigene Büros an den Schulen und sind zwischen zwei und vier Tagen in der Woche dort. Unter “normalen” Umständen veranstalten sie Workshops in den Klassen und führen Gespräche mit Schülern und Eltern. „Viele Kinder und Jugendliche sind beziehungsverletzt“, erklärt Jensen. Daher sei es für viele Kinder schwer, anderen zu vertrauen und auszudrücken, wie sie sich fühlen. Um es ihnen einfacher zu machen, sich zu öffnen, spielen die Schulsozialarbeiter*innen zwischendurch eine Partie UNO mit ihnen.

Motivationsplakat "Du hast Unterstützung gebraucht und die geholt - Gut gemacht!"
Die Schulsozialarbeit motiviert mit Sprüchen und Plakaten – Foto: ISOP Schulsozialarbeit

Mehrsprachigkeit

Gerade das Annenviertel ist bekannt für seine vielen verschiedenen Kulturen und Sprachen. Sprache sei laut Sandra Jensen jedenfalls nur bedingt ein Hindernis für die Schulsozialarbeit, wobei ein gewisser Grundwortschatz erforderlich ist. Falle es den Kindern schwer, sich mit Worten auszudrücken, verwenden die Schulsozialarbeiter*innen einfach Bilder, Zeichnungen, Figuren oder kommunizieren über Gesten und Mimik.

Jensen meint, dass Mehrsprachigkeit eine Bereicherung sei. Sie könne zwar in der Identitätsentwicklung auch ein wenig verwirren, aber: „Die Kinder können outside of the box denken, weil sie eine andere Box auch kennen.“ Jensen, die selbst in Schweden mehrsprachig aufgewachsen ist, erzieht ihre Kinder ebenso und erlebt daher die Facetten von Mehrsprachigkeit auch selbst im Alltag. Jensen wird immer wieder gesagt, sie solle mit ihren Kindern in der Öffentlichkeit deutsch sprechen. Ihre Antwort darauf: „Nein, meine emotionale Sprache ist Schwedisch, ich spreche Schwedisch mit meinen Kindern.“ Für das Zugehörigkeitsgefühl der Kinder sei es wichtig, dass sie die Sprache ihrer Eltern und Großeltern sprechen.

Titelbild: Sandra Jensen – Foto: ISOP Schulsozialarbeit

Meine Essentials: Kaffee, Kopfhörer und Sonnencreme. Optimistischer Red Head aus Niederösterreich mit einer Schwäche für alles mit Streifen.

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