Fünf Menschen sitzen an einem Tisch und lernen mittles Kartenspiel den steirischen Dialekt.
Foto: Eva Andrä

Steirisch für di und mi

/
Lesezeit: 2 Minuten

An Erfahrungen reicher und mit einem fixen Ziel ist Katrin Andrä aus Spanien nach Graz zurückgekommen: Ausländer*innen den steirischen Dialekt näher zu bringen.

Von: Laura Rattensberger, Helene Purt

Österreichische Dialekte sind manchmal selbst für Muttersprachler*innen wie Fremdsprachen. „In Österreich sind die verschiedenen Dialekte teilweise wie eine eigene Sprache”, sagt Katrin Andrä. Umso schwerer tun sich Menschen, die Deutsch erst lernen mussten. „Ich unterrichte schon sehr lange Deutsch und bin draufgekommen, dass es sehr viele Menschen gibt, die Deutsch zwar auf einem relativ hohen Niveau sprechen können, aber trotzdem Probleme haben, uns Österreicher*innen zu verstehen“, sagt Katrin Andrä.

Wie man steirisch red

Katrin Andrä gründete als diplomierte Sprachlehrerin vor drei Jahren gemeinsam mit ihrer Zwillingsschwester Eva das  „Studio Lendkai“. Während Eva Fotografie und Yoga anbietet, kann man bei Katrin Kurse für Deutsch, Englisch und Spanisch buchen. Seit Februar 2020 auch “lernan wie ma steirisch red”, wie es auf der Website heißt. „Es kann total deprimierend sein, wenn man zwar schon Deutsch kann, aber eben keinen Dialekt“, sagt Katrin. Erfahrungen als Lehrende hat sie bereits in Spanien gesammelt, wo sie Deutsch unterrichtete. Besonders am Beispiel Katalanisch und Spanisch, deren Unterschiede und Ähnlichkeiten man mit Latein und Italienisch vergleichen kann, fiel ihr auf, wie wichtig der Dialekt im Alltag ist.

In ihrem Studio unterrichtet Katrin Andrä nach einer einfachen Philosophie. „Da geht es relativ locker zu, wie im normalen Leben auch.“ Das Wissen für die Dialektkurse hat sich Andrä großteils selbst angeeignet. „Den Rest habe ich mir durch den Umgang mit Menschen erarbeitet“, sagt sie. Bis jetzt besuchen den steirischen Dialektkurs nur Menschen, deren Muttersprache eine andere als Deutsch ist. Die Teilnehmer*innenzahl hält Katrin Andrä mit vier Personen sehr beschränkt, um auf die Menschen besser eingehen zu können.

Ein Teilnehmer sagt einer anderen Teilnehmerin etwas in ihr Ohr.
Katrin Andrä führt im Studio Lendkai den ersten steirischen Dialektkurs. – Foto: Eva Andrä

Lernen mit Methode

Im Dialektkurs stützt Andrä sich besonders auf die Birkenbihl-Methode. Bei dieser Methode werden Vokabeln oder Dialekttexte “dekodiert”, also Wort für Wort ins Deutsche übersetzt. Anschließend hören die Teilnehmer*innen den Text so oft, bis sie ihn einwandfrei verstehen. Auch die Methode von Michel Thomas wendet Andrä gerne an. Dabei wird der Dialekt in seine einzelnen Komponenten zerlegt und anschließend lernen die Teilnehmer*innen, Schritt für Schritt eigene Sätze zu bauen. Angefangen mit kurzen Sätzen, die mit der Zeit immer komplexer werden.

„Ich probiere immer, eine stressfreie Lernatmosphäre zu gestalten, damit das Lernen Spaß macht. Ich habe die Erfahrung gemacht, besonders bei Erwachsenen, dass sie, was das Lernen angeht, sozusagen ein kleines Trauma haben. Sie hören die Wörter ,Grammatik‘ oder ,Vokabeln‘ und werden wieder in ihre Schulzeit zurückversetzt. Das möchte ich verhindern.” Deswegen wird auch anhand österreichischer Alltagskultur gelernt, um die Stunden abwechslungsreich zu gestalten. So singen Spanier*innen dann wie STS, tauchen mit Sissi und Franz in die Filmwelt ein oder amüsieren sich bei österreichischem Kabarett. Natürlich übt Andrä besonders das Sprechen mit ihren Schüler*innen. „Eine Sprache ist zum Sprechen da, nicht zum Ausfüllen von Übungen.” Am Ende eines Dialektkurses gibt es einen Besuch in einer Buschenschank, wo jede*r im Dialekt spricht und bestellt. „Das ist relativ schwer, aber gleichzeitig auch sehr witzig!”, meint Andrä.

Dialekt im Unterricht

Katrin Andrä wäre im Übrigen auch dafür, dass der Dialekt in österreichischen Schulen thematisiert wird. Dabei solle die Hochsprache freilich nicht vernachlässigt werden. Dialekt soll ähnlich wie Fremdsprachen behandelt werden. „Meiner Erfahrung nach haben viele Schüler*innen Probleme bei der Umstellung von Dialekt auf Hochdeutsch. Da zuhause und auch größtenteils in der Schule nur Dialekt geredet wird, aber Schularbeiten und Tests alle auf Hochdeutsch geschrieben werden müssen, stellt das oftmals eine große Hürde dar.”

Dialekt als eigenes Unterrichtsfach wäre fein, meint Andrä. Sie wisse aber auch, dass dies schwer umsetzbar sei. „Die Vielfältigkeit an Dialekten in Österreich ist ein Wahnsinn!” Welchen sie denn selbst gerne gelernt hätte? „Ich finde den Kärntner Dialekt total entzückend. Der Wiener hingegen ist nicht so meins.”

 

Titelbild: Eva Andrä

Ein ganz normales Mädel mit einer großen Vorliebe für alles, was mit Musik zu tun hat. Lässt Stress von ihrer Komfort-Bubble abprallen und ist in den wenigsten Fällen aus der Ruhe zu bringen.

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

20 + 4 =

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Vorherige Geschichte

Versteckte Wohnungslosigkeit: “Es passt nicht ins Bild einer Frau”

Nächste Geschichte

Galerie Blaues Atelier: Bunte Kunstoase im Stadtasphalt

Letzter Post in Allgemein

Eine bärenstarke Saison

Die Gruppenphase der Austrian Division 1, der zweithöchsten Liga des österreichischen Footballs, ging für die Styrian