Impfung ohne E-Card: Marienambulanz weist den Weg

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Wie die Marienambulanz Randgruppen am Weg zur Impfung unterstützt. Ein Lokalaugenschein.

Von: Hannah Bachler, Marlies Bender und Lorenz Brunner

Ein älterer Mann steht an der Krankenaufnahme in der Marienambulanz. E-Card besitzt er keine, trotzdem erhält er an diesem Tag seine Corona-Impfung. In der sozialen Einrichtung wird jeder Mensch so angenommen, wie er ist. Und jeder erhält die Behandlung, die er braucht.

Die Marienambulanz wird seit der Gründung im Jahr 1999 von der Caritas Steiermark betrieben. Sie bietet eine leicht zugängliche, allgemeinmedizinische Primärversorgung, auch für Menschen ohne Krankenversicherung. Es gibt verschiedene Gründe, warum Menschen genau hier Hilfe suchen. Manche sind obdachlos, andere haben Probleme bei der sprachlichen Verständigung. Auch Schamgefühle spielen eine große Rolle, so Anna Obernosterer, organisatorische Leiterin der Ambulanz. Manchmal sind es auch Gründe bürokratischer Natur: “Wenn man arbeitslos wird, muss man sich beim AMS melden. Sonst wird man von der Krankenversicherung abgemeldet”, erklärt Obernosterer. Ihr Team umfasst derzeit mehr als  vierzig größtenteils ehrenamtlich arbeitende Ärzt*innen, Psycholog*innen und Assistent*innen. Die hohe Zahl der Ehrenamtlichen ist ein Grund dafür, warum die Marienambulanz auch während der Lockdowns offen bleiben konnte. 

Sprache als Hürde

Bereits im Frühjahr erhielten die ersten 350 Klient*innen der Caritas und der Vinziwerke in der  Marienambulanz ihren ersten Stich. Zur Zeit nehmen zehn Personen pro Woche – größtenteils ohne Krankenversicherung – dieses Angebot wahr. Zwar könne man sich in den herkömmlichen Impfstraßen auch ohne E-Card impfen lassen, dort gebe es aber oftmals sprachliche Barrieren. Genau bei diesem Punkt setzt die Caritas an: Dolmetscher*innen würden die Kommunikation zwischen Patient*innen und Ärzt*innen verbessern. Darüber hinaus nehme man sich genug Zeit, um offene Fragen zu klären. Außerdem verteilen die Caritas-Mitarbeiter*innen Info-Broschüren an die Ambulanzbesucher*innen. „Wir müssen die Personen analog erreichen. Wenn auf der Website des Gesundheitsministeriums über die Impfung informiert wird, können viele Menschen diese Information nicht einmal empfangen. Sie haben schlicht kein Guthaben auf ihrem Handy, um die Website zu öffnen“, sagt Anna Obernosterer.

Engagement, das sich auszahlt

Einer, der sich schon lange in den Dienst der guten Sache stellt, ist Johannes Fuchs. Seit neun Jahren ist er Teil des Ärztekollegiums der Marienambulanz. Der pensionierte Arzt möchte Menschen helfen, die sich im österreichischen Gesundheitssystem nicht zurechtfinden. Er habe Zeit seines Lebens gut verdient, in der Pension möchte er mit seinem Engagement in der Einrichtung etwas zurückgeben. „Durch das niederschwellige Angebot trauen sich auch Leute her, die sich sonst nirgends impfen lassen würden”, sagt Fuchs. 

Johannes Fuchs arbeitet unentgeltlich in der Ambulanz. – Foto: Hannah Bachler

Langfristig sei es das Ziel, die Klient*innen wieder an das reguläre Krankensystem heranzuführen. Eine Sozialarbeiterin unterstütze beim Abschließen einer Krankenversicherung. In einigen Fällen gelinge das auch, freut sich Anna Obernosterer. 

 

Titelbild: Die Patientenaufnahme in der Marienambulanz. – Foto: Lorenz Brunner

Schon immer Südoststeirerin - mit Herz und Blut. Seit kurzem Grazerin - aus Leib und Seele. Schon länger Kernölexpertin - einfach aus Prinzip.

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