31 Femizide im Vorjahr und bereits ein weiterer Frauenmord im neuen Jahr – Gewalt gegen Frauen ist ein Thema, das nicht mehr ignoriert werden darf. Ein Projekt der HLW Schrödinger und des Frauenservice Graz stellt dieses Thema in den Mittelpunkt. Sie wollen informieren und die Bevölkerung auf die Wichtigkeit aufmerksam machen.
Von: Lisa-Marie Sams und Lea Scharf
„Gewalt gegen Frauen betrifft jedes Mädchen. Wir sind die, die damit leben müssen“, sagt Yvonne, eines der Mädchen aus der HLW Schrödingerstraße, die sich zuletzt intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt haben. Bei dem Projekt “Aktiv gegen Gewalt an Frauen! … und welche Rolle spielst du?”, wirkten Yvonne und Mercedes, von der HLW Schrödinger, aktiv mit. Mit Straßeninterviews und einer Ausstellung wollen sie auf das Thema aufmerksam machen. Gestartet ist das Projekt mit einer Online-Ausstellung – am 25. November 2021, dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. Dabei wurden geführte Straßeninterviews vorgestellt und eine Diskussionsrunde mit den Teilnehmenden eröffnet. Schwarze Silhouetten vor dem Frauenservice Graz sollen die Opfer der Frauengewalt darstellen und ihnen einen Namen geben. Das Ziel des Projekts ist, der Bevölkerung den Ernst der Lage nahezubringen und auf dieses Problem aufmerksam zu machen.
„Gewalt an Frauen wird ein immer wichtigeres Thema, es war fast jeder bereit mit uns darüber zu sprechen“, sagte Yvonne zu den Straßeninterviews. Die Schülerinnen wollten von den auf der Straße Interviewten wissen, was gegen Gewalt an Frauen unternommen werden kann und wie sie selbst solche Gewalt wahrnehmen. Die meisten Befragten hätten den Ernst der Lage verstanden. .
Sein Ende finden wird das Projekt am Weltfrauentag, dem 8. März 2022, mit einer Veranstaltung im Volkshaus, die die HLW und das Frauenservice gemeinsam planen. Schaufensterpuppen in unterschiedlicher Kleidung sollen mit dem Klischee aufräumen, dass Frauen durch ihr Äußeres selbst schuld daran sind, was ihnen zustößt. Durch im Hintergrund spielende Stories von Frauen, die Gewalt hautnah erleben mussten, wollen sie auf die Diversität und Allgegenwärtigkeit von Gewalt hinweisen.
Persönliche Hintergründe
“Gewalt an Frauen wird immer häufiger, das merken wir auch an unserer Schule”, erzählt Yvonne. “Bei den Praktika wurden Mädchen aus unserer Parallelklasse belästigt.” Das habe ihnen zu denken gegeben, meinen die Freundinnen Mercedes und Yvonne, die beide den Kultur- und Eventmanagement – Zweig der HLW Schrödinger besuchen und an dem Projekt mitgearbeitet haben. Gewalt wird überall erlebt, auch Yvonne selbst musste sie bereits erfahren. “Ich bin am Abend mit Freunden ausgegangen. Ein Junge wollte mich dann aus dem Nichts küssen, ich konnte ihn abwehren und die Security musste ihn hinausbegleiten. Er hat dann die ganze Nacht vor dem Lokal auf mich gewartet, er wollte mich schlagen”, erzählt sie. Auch deshalb wollen sich die Mädchen für andere Frauen einsetzen, damit auch “kleinere” und alltägliche Ereignisse nicht verschwiegen werden.
Das sagen die Expertinnen
Eine Anlaufstelle für hilfesuchende Frauen ist das Frauenservice Graz im Bezirk Lend. Das Frauenservice bietet nicht nur Beratungen an. “Unsere Beratungsstelle hat es sich zum Ziel gemacht, ein Mal im Jahr mit den Erfahrungen, die wir in den Beratungen machen, an die Öffentlichkeit zu treten. Dabei lag das Augenmerk in diesem Jahr besonders auf jungen Frauen und darauf, diese präventiv auf die Wichtigkeit dieses Themas aufmerksam zu machen”, erzählt Petra Leschanz, die auch als Rechtsberaterin beim Frauenservice Graz fungiert. Die Situation in Graz habe sich seit der Pandemie drastisch verschlechtert, weshalb es wichtiger denn je sei, Menschen über diese Thematik zu informieren. “Im Jahr 2020 hatten wir 4170 Klientinnen und 1589 Beratungskundinnen. Das war eine Steigerung um 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr“, erklärte die Juristin. Die Gewalt an Frauen steigt also, jedoch sei es auch eindeutig, dass sich immer mehr Menschen gegen diese Entwicklung aussprechen würden.
Was kann man selbst aktiv tun, wenn man Gewalttaten vermutet oder beobachtet?
Petra Leschanz, Rechtsberaterin: Die wichtigste Maßnahme ist, dass man nicht wegschaut. Egal ob in der Familie, im Freundeskreis, oder bei Fremden. Nachhaltig etwas verändern kann man nur gemeinsam und dazu muss jeder auf jeden schauen.
Was würden Sie Frauen raten, die selbst Gewalt erfahren?
Darüber zu sprechen, egal mit wem, die Hauptsache ist, man spricht laut aus, was einem geschieht. Das ist ein wichtiger Schritt um aus der Hypnose herauszukommen, in der man sich oft befindet, und andere Perspektiven einzuholen. Oft können durch ein einfaches Gespräch mit einer Person, der man vertraut, viele Ängste aus dem Raum schaffen.
Wann sollte man sich an das Frauenservice wenden?
Ich sage immer, es ist nie zu früh, aber Gott sei Dank auch nie zu spät sich an uns zu wenden. Wichtig ist es, dass Frauen auf ihr Bauchgefühl vertrauen, man spürt selbst, wenn etwas nicht in Ordnung ist.
Titelbild: Silhouetten der ermordeten Frauen vor dem Frauenservice Graz – Foto: Lea Scharf