Hinter den Kulissen: Wie ein Labor die Pandemie erlebt

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Mit der Omikron-Welle im vergangenen Jänner erreichten die Corona-Infektionszahlen in Österreich eine bisher nie dagewesene Höhe. Für die Angestellten zum Beispiel in medizinischen Laboren nahm die Belastung noch einmal zu. Ein Besuch im Labor Dr. Berghold in der Nähe des Lendplatz zeichnet ein ähnliches Bild.

Wie viele andere Labore waren auch sie nicht auf die schieren Ausmaße der Pandemie vorbereitet. Die rund 30 Mitarbeiter*innen sind seit gut zwei Jahren einer extremen Belastung ausgesetzt, erzählt Berghold, der das Labor 2006 übernommen hat, in seinem Büro. Der zuvor bereits stressige Job sei damals quasi über Nacht noch einmal verschärft worden. „Am Anfang wurden wir vor allem mit Antikörper-Untersuchungen zugeschüttet, als diese noch als Nachweis gültig waren. Das war ein extremer organisatorischer Aufwand, bei dem es auch zeitweise mit dem Personal knapp wurde“, so der Doktor, dessen Labor außer Corona auch verschiedene Parameter für Gesundheits- und Vorsorgeuntersuchungen überprüft, sowie Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen durchführt. Neueinstellungen waren nur bedingt eine Option, der Arbeitsmarkt im medizinischen Sektor ist ziemlich knapp.

 

Der Eingangsbereich des medizinisch-diagnostischen Labors Dr. Berghold. – Foto: Florian Sturm

„Wir mussten Blutabnahmen in den Autos der Patienten durchführen“

Auch im Büro war ständig Hochbetrieb, täglich mussten die Mitarbeiter*innen hunderte Anrufe entgegennehmen. Die Anrufer*innen wollten wissen, was denn nun wo gelte, wie mit der neuen Situation umgegangen werden solle, wofür welcher Test diene, was diese und jene Symptome bedeuten könnten – die Liste ist lang. Die Bundesregierung und die Ärztekammer hätten die Arbeit nicht gerade erleichtert, so Berghold: „Ständig gab es wieder neue Verordnungen. Da war es schon schwierig, up-to-date zu bleiben.“

Er erinnert sich an einen Fall, der aufgrund der sich ständig ändernden Vorschriften bezüglich der Testzertifikate auftrat. Ein Patient, der verreisen wollte, wurde am Flughafen abgewiesen. Der Grund dafür war, dass das Zertifikat nur auf Englisch angenommen wurde, statt „Negativ“ also „Negative“ stehen musste. Berghold ergänzte das fehlende „e“ kurzerhand handschriftlich und setzte seinen Stempel darunter. Obwohl laut seiner Aussage legitim, war es den Angestellten am Flughafen leider nicht genug, die Ausreise wurde verweigert. „Mittlerweile ist das ganze aber zum Glück einfacher geworden.“

Ein lästiges Problem, das sich wie ein Faden durch die Pandemie zieht, und somit auch heute noch besteht, betrifft die Patient*innen. „Es wurde ausgeschrieben, wenn man an Symptomen leidet oder krank ist, soll man anrufen und Bescheid geben, aber unter keinen Umständen ins Labor gehen, aber darum kümmert sich scheinbar keiner. Eine Lösung bestand dann darin, dass wir Blutabnahmen direkt in den Autos der Patienten durchgeführt haben, um die Ansteckungsgefahr zu verringern.“

„Ich hätte mir gewünscht, die Expertise zu bündeln“

Interessant ist die Entscheidung Bergholds, keine PCR-Testungen durchzuführen. Die Hauptgründe stellen hier der enorme Aufwand und die fehlenden Kapazitäten in den Laborräumlichkeiten in der Praxis dar. Aber es gibt in seinen Augen auch noch einen anderen ausschlaggebenden Punkt. „Das Institut für Hygiene an der Med-Uni führt bereits seit Jahren verschiedene PCR-Testungen durch. Im Zuge der Pandemie haben nun auch verschiedene Privat-Labore damit angefangen. Ich hätte mir gewünscht, dass alles beim Hygiene-Institut geblieben und ausgebaut worden wäre, um die dort vorhandene Expertise zu bündeln.“

Angesprochen auf die Omikron-Welle, ortet Dr. Berghold das größte Problem in der hohen Ansteckungsgefahr. „Teilweise waren bis zu fünf Labormitarbeiter*innen gleichzeitig in Quarantäne, das Büropersonal nicht mitgerechnet, da befanden wir uns knapp an der Belastungsgrenze. Ein oder zwei mehr, und ich hätte nicht mehr gewusst, wie der Betrieb aufrechtzuerhalten gewesen wäre.“

 

Mit diesen Blutröhrchen werden die verschiedenen Tests durchgeführt. – Foto: Florian Sturm

„Es ist mein gutes Recht, zu verlangen, sich an die Regeln zu halten!“

Ein gewisser Stolz schwingt mit, wenn es um die Corona-Maßnahmen in seinem Labor geht. Zum einen werden alle Mitarbeiter*innen täglich vor Ort getestet, bevor der Arbeitstag beginnt. „Das gibt es so nicht in den Kliniken, also bei der KAGES oder auf der Med-Uni. Da wird erst getestet, sobald Symptome auftreten. Das würde ich als eher kühn bezeichnen, wenn man bedenkt, wie leicht man sich infizieren kann.“

Vor seinen Mitarbeiter*innen hat Berghold tiefen Respekt, da diese nun seit zwei Jahren täglich mindestens acht Stunden lang mit Maske arbeiten müssen. Er selbst habe immerhin die Möglichkeit, sich bei Bedarf in sein Büro zurückziehen zu können. Für Patienten ohne Maske oder – was vorkam – gar gefälschten Attesten, bringt er keinerlei Verständnis auf. „Es ist mein gutes Recht, dass ich von meinen Patienten verlange, sich an die Regeln zu halten! Immerhin schaffen es auch gesundheitlich angeschlagene 90-Jährige die Maske ohne Probleme aufzubehalten, und die meisten dieser – ja, es geht fast schon in diese Richtung – ‚Schwurbler‘ sind weder gesundheitlich angeschlagen noch im hohen Alter.“

Auch Personen, die aufgrund ihrer Antikörpertests eine Art Freibrief von Berghold verlangen, um einer Impfung zu entgehen, sind Gang und Gäbe. Aber insgesamt habe sich die Lage in seinem Labor sehr beruhigt. Antigen-Tests würden nun lieber zuhause als Selbsttest oder in einer Teststraße durchgeführt, anstatt im Labor bis zu 50 Euro zu zahlen und auch die Nachfrage an Antikörper-Tests sei ungefähr auf ein Drittel zurückgegangen, verglichen mit den Anfängen der Pandemie.

 

Titelbild: Dr. Christian Berghold bei der Arbeit. – Foto: Florian Sturm

Eishockey-, Fussball- und Motorsportenthusiast mit Faible zur Rockmusik und gepflegten Gesprächen über einem Glas schottischen Whiskey.

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