Ein Hauch Italien im Annenviertel

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Im Annenviertel erfreut sich Pizza hoher Beliebtheit und greift auf eine lange Tradition zurück. Wie sich das Angebot verändert hat und wo es die erste neapolitanische Pizza im Annenviertel gibt.

Genau 70 Jahre ist es her, dass Familie di Camillo in Würzburg die erste Pizza im deutschsprachigen Raum servierte. Im Jahr 1975 folgte Österreich mit der Pizzeria Il Mare in Wien. Die Ursprünge der Grazer Pizzakultur liegen hingegen etwas im Dunkeln, vermutlich aber im Annenviertel. Dort, wo heute der Eingang zum Kunsthaus ist, befand sich einst die Pizzeria Lechner. Heute wird die italienische Kultspeise an allen Ecken der Stadt angeboten.

 

Breites Angebot

Zurückzuführen ist das hohe Angebot darauf, dass 90 Prozent der Österreicher:innen mindestens einmal im Monat Pizza auf ihrem Teller vorfinden. Dies besagt eine Umfrage eines Lieferdienstes aus dem Vorjahr. Allein am Lendplatz wird in vier verschiedenen Lokalen Pizza angeboten. Unter ihnen auch die Pizzeria Santa Lucia, die seit 2001 eine Institution für viele Bewohner:innen des Annenviertels ist. Auch der stolze Annenviertler Seyfettin Havutcu, Spitzname Seyfo, bemerkt, dass es in den letzten Jahren einen massiven Zuwachs an Pizzerien gegeben hat. Insbesondere Dönerläden, die versuchen, preiswerte Pizza anzubieten, haben hier das Segment erweitert. 

Die Pizzeria Santa Lucia am Lendplatz
Die Pizzeria Santa Lucia am Lendplatz – Foto: Jonathan Kaspar

Durch den hohen Qualitätsanspruch seiner Gäste, die er im Gespräch mit der Annenpost immer wieder als seine Freunde bezeichnet, sieht Seyfo solche Lokale auch nicht als Konkurrenz: „Für mich sind die Dönerläden keine Konkurrenz, man darf das nicht miteinander vergleichen. Dort wird zum Pizzabacken derselbe Teig benutzt, der für das Dönerbrot verwendet wird. Da kann der Teig nicht so gut sein.“

Neapolitanische Pizza

2017 gab es mit dem Pizzaiolo auch erstmals original neapolitanische Pizzeria in Graz – allerdings zunächst nur in 8010 . Dass diese im selben Jahr zum UNESCO-Kulturerbe geadelte Speise so spät nach Graz kam, ist wohl auch auf die sehr strengen Regeln zurückzuführen. Diese werden von der „Associazione Verace Pizza Napoletana“ in einem 22-seitigen Manifest festgelegt. Auf den ersten Seiten sind die Maße der neapolitanischen Pizza festgelegt. Der Durchmesser darf maximal 35 cm betragen und der 1 bis 2 Zentimeter hohe Pizzarand muss frei von Verbrennungen sein. Dass geriebener Käse mit einer kreisenden und gleichmäßigen Handbewegung auf der Pizza verteilt werden muss, steht ebenso im Manifest wie die Bestimmung, dass frische Tomaten immer in Scheiben geschnitten werden müssen. Seit eineinhalb Jahren gibt es nun mit dem „Das Eggenberg“ auch ein Lokal in 8020, das sich neapolitanische Pizzakultur auf die Fahnen schreibt.

 

„Das Eggenberg“

Im Jahr 2014 übernahm Philip Oswald, der mittlerweile zwei Lokale besitzt, „Das Eggenberg” und leitete dieses bis zu Beginn der Corona-Pandemie allein, ehe diese alles auf den Kopf stellte. Seither leiten die Ehepartner Nina und Philip Oswald das Lokal gemeinsam. Die Zeit, in der die Gastro ohnehin geschlossen haben musste, nutzte er mit seinem Team, um das gesamte Lokal auf neue Beine zu stellen. Das Platzangebot im Lokal wurde verdoppelt, das Konzept überarbeitet. Auch ein weiteres Lokal mit demselben Konzept eröffnen die beiden im Februar in Lebring, wie uns Nina Oswald erklärte. 

"DAS EGGENBERG" Betreiber*innen Nina Oswald und Philip Oswald
Die „Das Eggenberg“ Betreiber:innen Nina und Philip Oswald bei einer Spendenaktion – Foto: Das Eggenberg

Seither dominiert ein neapolitanischer Pizzaofen das Lokal und in der Speisekarte spielt Pizza neben Burger eine Hauptrolle. Oswald war es wichtig, eine Pizza anzubieten, die es nicht an jeder Ecke gibt. Tatsächlich ergibt eine Schnellzählung auf Google Maps zumindest 20 Lokale, die in Eggenberg Pizza anbieten. Darunter der jüngste Ableger der Bausatzlokale, das Sägewerk in der Eggenberger Allee 10, nur 500 Meter vom „Das Eggenberg“ entfernt. Aufgrund der hohen Konkurrenz beschloss Oswald, sich der neapolitanischen Pizzakunst zu verschreiben. Ein halbes Jahr lang, tüftelte er gemeinsam mit seinem Küchenchef an der Perfekten Rezeptur für den Pizzateig.  

Wie viel Neapel steckt im „Das Eggenberg“?

„Das Eggenberg“ halte sich daher auch an die Kriterien der „Associazione Verace Pizza Napoletana“, wie Nina Oswald, die schon seit 2008 im „Das Eggenberg” arbeitet und das Lokal in und auswendig kennt, bestätigt: „Ja, in den meisten Fällen wird das eingehalten. Da es Handarbeit ist, kann es hier und da vorkommen, dass der Teig ein bisschen höher wird. Aber wir bezeichnen uns trotzdem so und dürfen das unseres Wissens nach auch!“

 

Für die Betreiberin macht die Liebe zum Detail und ein aus Italien stammendes Mehl den Teig, der nur einem engen Kreis anvertraut wird, so besonders, wie sie erklärt. „Bei uns im Lokal gibt es nur drei Personen, die das gesamte Rezept für unseren Pizzateig kennen.“  

 

Die Preise für Pizzen im „Das Eggenberg“ entsprechen nicht ganz den neapolitanischen Standards. Nach einer Pizza unter zehn Euro sucht man vergebens. Dass das Preissegment sich im mittleren Bereich befindet, weiß auch Nina Oswald: „Wir sind mit Sicherheit nicht das günstigste Lokal, aber versuchen mit gewissen Angeboten wie Menükarten leistbar zu bleiben.“

Spezialpizza im "Das Eggenberg"
Spezialpizza mit Rinderfiletstreifen und Garnelen – Foto: Nina Oswald

Auch manche Spezialpizzen, die immer nur für kurze Zeit auf der Karte stehen, würde man in Neapel wohl eher nicht auf der Speisekarte vorfinden. Diese erfreuen sich allerdings großer Beliebtheit. Momentan macht eine Pizza, die zur Hälfte aus einer Margaritha besteht und auf der anderen Hälfte mit von Blattgold überzogenen Rinderfiletstreifen belegt ist, auf sich aufmerksam. Diese Pizza soll auf satirische Art und Weise die Unterschiede zwischen 8020 und 8010 darstellen und ist eine Kooperation mit der Social Media Seite Graz Wellness, auf der das Lokal zur beliebtesten Pizza gewählt wurde. Dieses Voting war nicht das einzige, in dem „Das Eggenberg” triumphierte. So wurde die Pizza in einem Falstaff Community Voting zu der beliebtesten Pizza der Landeshauptstadt gewählt. 

 

Titelbild: Neapolitanischer Pizzaofen- Foto: Nina Oswald

 

 

 

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