Vor 13 Tagen ist die leerstehende Rösselmühle in Gries abgebrannt. Während die Ermittlungen zur Brandursache noch laufen, dürfen Vereine das Areal zwischennutzen.
Am Nachmittag des ersten Aprils waren meterhohe Rauchschwaden über Graz zu beobachten. Grund war ein Brand der leerstehenden Rösselmühle in Gries. Eine Polizeistreife entdeckte die Flammen zufällig, daraufhin alarmierten sie die Feuerwehr. Die Einsatzkräfte konnten die Mühle allerdings wegen der hohen Einsturzgefahr nicht betreten. Sie schützten deshalb lediglich umstehende Gebäude, um das Feuer kontrolliert ausbrennen zu lassen. Die Ermittlungen zur Brandursache sind nach wie vor am Laufen, fest steht laut Alfred Pölzl aber, dass es sich bei dem Feuer um Fremdverschulden handelte.
Ursachenermittlung
Pölzl ist Brandschutzbeauftragter der Rösselmühle und Geschäftsführer der Pölzl Fire Safety Training. Im Falle eines Feuers begibt er sich für die Versicherung auf die Suche nach einer Ursache.
Die Ermittlungen erfolgen für ihn immer nach demselben Ausschlussprinzip. Es gibt neun Punkte, die Pölzl abhandeln muss. Elektrotechnisches Versagen zum Beispiel, das laut dem Brandschutzbeauftragten ein Drittel aller Brände verursache. Das sei bei der Rösselmühle allerdings kein Thema gewesen, da sie seit so vielen Jahren leer stehe und alles abgeschaltet sei. Auch ein Blitzschlag oder ein chemischer Brand war auszuschließen. Am Ende der mehrstündigen Erstuntersuchung hat er mögliche Brandursachen auf Fremdverschulden reduziert. Die Suche nach Details und Spuren ist durch den Zustand des Gebäudes jedoch erschwert.
„Die gesamte innere Holzkonstruktion ist abgebrannt, genauso wie die Zwischendecken aus Holz. Jetzt liegen die alle am Boden und man kann da kaum mehr etwas Vernünftiges erkennen“, erklärt Pölzl. Den Brandherd im vierten Stock habe er mit Hilfe eines frühzeitig aufgenommenen Fotos ausfindig machen können.
Noch sind die Ermittlungen nicht zum Ende gekommen, aber wegen der Lokalisierung des Brandherds sähe es laut Pölzl nicht nach einer vorsätzlichen Tat aus. Eine Brandlegung im vierten Stock sei unlogisch und gefährlicher als im Erdgeschoss. Gespräche mit Augenzeug:innen sollen in den nächsten Tagen für mehr Klarheit sorgen.
Wiederholte Brände
Samstag war nicht das erste Mal, dass die Rösselmühle brannte. Im letzten Jahrzehnt, seit dem die Räume leer stehen, brannte es bereits vier Mal in den Gebäuden. Den Grund dafür sieht Pötzl unter anderem am Standort der Mühle: „Da sind Bereiche, die sind fast nicht einsehbar. Personen können drinnen Lärm machen, Musik spielen, niemand bekommt das mit.“
Die Mühle sei vor allem für Jugendliche zu einem Treffpunkt geworden. Das Areal ist zwar rechtlich ausreichend gesichert und vorschriftsmäßig umzäunt, trotzdem sei es ein Leichtes, dort einzudringen. Personen könnten den Draht zuschneiden oder übersteigen, wovor man sich nur schwer schützen könne. Dazu kommt, dass die Rösselmühle, in der bis 2014 Mehl hergestellt wurde, wegen ihrer früheren Nutzung mit viel Staub bedeckt ist und daher leichter Feuer fange.
Die Rösselmühle war die letzte genutzte Mühle in Graz, gleichzeitig auch die erste, die es in der Stadt gab. Was mit dem Industriedenkmal, das 1270 erstmals urkundlich erwähnt wurde, passiert, ist noch unklar.
Zukunftspläne
Schon seit längerem gibt es von Seiten der Mühlenbesitzer:innen den Wunsch, das Areal umzuwidmen, um zum Beispiel ein Wohnviertel entstehen zu lassen. Wie Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) der Kleinen Zeitung gegenüber erzählt, wird die Rösselmühle in nächster Zeit Thema der Stadtregierung sein. Was sie auf jeden Fall verhindern wolle, sei die Entstehung von hochpreisigen Wohnungen.
Während Gespräche für die Umwidmung im Gange sind, dürfen diverse Vereine das Areal zwischennutzen. Einer davon ist Raum117, eine Grazer Kulturinitiative. An diesbezüglichen Plänen wird seit einem halben Jahr getüftelt. Am Tag des Feuers wollte der Verein gerade beginnen auszumalen. Der Brand ändert allerdings nicht viel an dem Projekt, denn Hauptfokus soll das Arbeitergebäude werden, das immer noch intakt ist.
„Wir wollen das jetzt nützen, solange es dasteht“, sagt Florian Perl, Mitgründer von Raum117. Der 21-jährige Künstler findet es schade, dass so viel öffentlicher Raum leer steht und von niemandem verwendet wird. Besonders wichtig ist ihm Kunst, die öffentlich und somit kostenlos zugänglich ist.
Raum117 hat es sich zur Aufgabe gemacht, leerstehende Areale für kein oder sehr wenig Geld anzumieten und, zum Beispiel mittels Graffiti, künstlerisch zu gestalten. Dabei wollen sie auch außenstehenden Personen Raum für ihre Kunst geben. Zurzeit mietet der Verein neben der Rösselmühle auch noch eine Lagerhalle in der Waagner-Biro-Straße. Dort hat die Initiative letzten Sommer das Kulturfestival Jam117 veranstaltet.
Wie der Begriff Zwischennutzung schon andeutet, kann Raum117 allerdings nicht ewig an den Standorten verweilen, die Kunst bleibt somit vielleicht auch nicht bestehen. Florian sieht das allerdings nicht als Hindernis:
„Ich seh‘ unseren Verein unabhängig von den Orten, an denen wir sind. In drei, vier Jahren haben wir die vielleicht nicht mehr, weiß man nicht. Aber das, was entstanden ist und den Mehrwert, den wir voneinander haben – die ganzen Verbindungen – das stirbt ja nicht, nur weil es einen der Orte nicht mehr gibt.“
Genaue Details zu dem Projekt muss Raum117 erst mit den Eigentümer:innen absprechen. Florian hofft, dass sie, trotz des Brandes und der damit verbundenen Gefahren auf dem Areal, Außenstehende in die Gestaltung mit einbringen können.
Titelbild: Brandschutzbeauftragter Alfred Pölzl bei der Ermittlung der Brandursache – Foto: Amelie Schenk