Dragqueen in rotem Kleid
Foto: APA/EVA MANHART

Märchen gegen Homophobie: Dragqueen-Lesung im Annenviertel

Lesezeit: 3 Minuten

Am 29. Juni sowie am 1. Juli wird Dragqueen Freya van Kant im Zuge des CSD Graz zwei Kinderbuchlesungen abhalten. Die Dragqueen aus dem Gries zur Kritik dieser Form der Veranstaltungen und darüber, wieso sie es besonders jetzt wichtig findet nicht aufzugeben.  

Erst im Frühjahr 2023 rückten Dragqueen-Lesungen für Kinder in den Fokus der politischen Debatte. Diese stellten eine Gefährdung für Kinder dar, hieß es. Unter anderem gab es deswegen einen dringlichen Antrag in der Grazer Gemeinderatssitzung vom 25. Mai 2023, in der die FPÖ forderte, ein Verbot von Dragqueen-Vorführungen ins steirische Jugendschutzgesetz aufzunehmen. Dabei wurde begründet, dass der Kontakt mit einer “hochsexualisierten Kunstfigur” nicht förderlich für eine altersgerechte Erziehung sei. Und rund um eine Kinderbuchlesung von Freya van Kant im April in Wien wurde gleichzeitig gegen und für die Lesung demonstriert.

Wie die Dragqueen zur Kritik steht

Wenn man heute mit ihr über die Proteste redet, dann meint sie: Drag-Performer:innen sind immer sehr offensichtlich und dadurch ein sehr einfaches Ziel. Und wir wissen, wenn viele Emotionen geweckt werden, dann reagieren Menschen ganz stark, eben auch mal negativ.” 

Viele Menschen sorgen sich vorgeblich um das Kindeswohl und dass durch die Kinderbuchlesungen Kindern Homosexualität aufgedrängt würde, wie ein Beitrag auf dem Schweizer Portal Watson zusammenfasst. Kinder sähen in Dragqueens einfach jemanden, der sich verkleidet und bunt schminkt, während Erwachsene dazu neigen würden, die Kunstform zu sexualisieren. “Wer jetzt ein Drag-Verbot fordert, macht das nicht für die Kinder, sondern für die eigene verquere Weltanschauung”, meint der  Autor.

Freya van Kant ist selbst studierte Pädagogin.”Ich glaube, dass ich mit den Menschen viel gemeinsam habe, die sich fragen, ob das sein muss“, erläutert sie. „Ich frage mich ja auch, was den Kindern gut tut. Und eigentlich liegen uns allen gesunde und glückliche Kinder am Herzen.”

Sexualität sei bei den Lesungen so gut wie kein Thema. Sie bereitet lieber Geschichten über starke Prinzessinnen auf, in denen beispielsweise kritisch auf Geschlechterrollen eingegangen wird. Natürlich seien alle Geschichten kindgerecht aufbereitet, um den jungen Zuhörer:innen zu einem offenen Weltbild zu verhelfen, wenn sie älter werden. In ihren Lesungen will Freya van Kant die Botschaft vermitteln, dass jede:r gut ist, so wie er oder sie ist: “Ich will ihnen eine gewisse Art von Selbstbewusstsein mitgeben, um ihnen zu helfen, einen Platz in der Gesellschaft zu finden, der zu ihnen passt.“ Sie spricht auch Themen wie Nächstenliebe, Solidarität an – und was es bedeutet, für sich selbst oder andere einzustehen. 

“Transphobie, Homophobie und Rassismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen”

Auf die Frage, ob es klug sei, die Leute trotz negativer Reaktionen mit dem Thema zu konfrontieren, sagt Freya van Kant: “Es gab Menschen, die auf die Straße gegangen sind, um gleich behandelt zu werden wie alle anderen. Menschen aus der LGBTQIA+ Community werden anders behandelt, haben weniger Rechte. Und jetzt gerade gibt es weltweit einfach einen Trend, Menschen ihre Rechte wieder wegzunehmen. Das passiert nicht nur in den USA und in Uganda, sondern auch in Europa. Da darf man sich nicht einschüchtern lassen. Und deswegen ist es wichtig, den Diskurs anzuregen.”

Sie setze sich intensiv mit diesen Themen auseinander, könne die  Diskussion daher oft nicht nachvollziehen. „Dann gibt es aber Leute, die denken, nur weil sie ein Megafon in Form ihres iPhones in der Hand haben, können Sie da jetzt mitreden“, so Freya van Kant.

“Man muss auch ganz klar sagen: Transphobie, Homophobie und Rassismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen“, meint die Dragqueen. Die Leute können sich nicht auf Meinungsfreiheit beziehen, schließlich werde Rufmord betrieben.  „Wenn man wirklich einmal ein Gespräch hätte und darüber diskutieren wollen würde, da wäre ich ja sofort dabei. Das Problem ist, das will man ja gar nicht.“

Hoffnung für die Zukunft 

Warum sie trotzdem weitermacht? “Ich sage immer, ich schaue in leuchtende Kinderaugen. Das ist ein fast schon kitschiges Bild. Manchmal ist es auch so, dass es in Geschichten auch Momente gibt, wo ich selber emotional werde.” 

Auch in Bezug auf Ihre Kinderbuchlesungen in Graz diese Woche hat die Dragqueen hohe Erwartungen: “Meine Hoffnung ist natürlich, dass wir eine schöne Zeit miteinander haben. Ich freue mich wahnsinnig, dass es im Rahmen des CSDs stattfinden kann, da dieser da ist, um die ganze Buntheit zu feiern. Dass Familien dann nicht ausgenommen werden, freut mich. Außerdem ist es wieder einmal sehr toll, in meiner Heimatstadt aufzutreten”, lächelt Freya.

 

Titelbild: Freya van Kant bei einer ihrer Kinderbuchlesungen – Foto: APA/EVA MANHART

Infobox

Die darstellende Kunstform „Drag“ bezeichnet im Generellen, aber nicht ausschließlich, Männer, welche mit Hilfe von Kleidung, Schminke und Perücken als Frauen auftreten.

 

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