Klimatext auf Poster

Nähen fürs Klima!

Lesezeit: 3 Minuten

Wie eine Gruppe rund um Regisseurin Anja M. Wohlfahrt aus Altkleidern Kostüme fürs Theater zaubert. Und welchen Beitrag Kunst und Kultur für mehr Nachhaltigkeit leisten können. 

Von: Sophie Purkarthofer und Saman Moghaddam

„Aus alt mach neu“: ein beliebtes Mindset, um der Fast-Fashion-Industrie entgegenzuwirken. Nach einer Studie aus dem Jahr 2020 ist die Textilindustrie immerhin für zehn Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Second-Hand-Kleidung kaufen, oder aus einem zu großen Kleid einen Rock nähen – für viele ist das schon Alltag. Auch in der Kunst- und Kulturszene wird in letzter Zeit vermehrt versucht, Altes wiederzuverwerten statt immer nur Neues zu kaufen. 

 

Zu Herzen genommen hat sich dieses Prinzip zum Beispiel Regisseurin Anja M. Wohlfahrt. Weil ihr Nachhaltigkeit wichtig ist. Und in diesem Fall auch günstiger. Deshalb hat sie für ihr neues Stück „Das gelbe Trikot“ ihre alten Ballettkleider und Tanzkostüme aus Kärnten nach Graz geholt. Während der Proben für das neue Stück, das am 9.11. im Theater am Lend uraufgeführt wird, werden deshalb  schon fleißig Nähte von Altkleidern aufgetrennt. Die daraus entstandenen Stoffstücke bekommt Andrea Meschik, die Bühnenbildnerin ihres Vertrauens, die daraus Kostüme für die Schauspieler:innen zaubert. 

Regisseurin und Choreographin Anja M. Wohlfahrt Foto: Edi Haberl

„Andrea hat Entwürfe gemacht und arbeitet an einer Liste, was sie braucht“, erzählt Anja Wohlfahrt. Dann versucht das Ensemble, die entsprechenden Stoffe zu organisieren. „Hat jemand aus dem Bekanntenkreis, aus unserer Truppe oder beim Flohmarkt zwei Sakkos, die man zu einem Frack schneidern könnte?“ Für Anja Wohlfahrt ist diese Vorgehensweise nicht neu. Schon in der Vergangenheit hat sie sich an diversen Nachhaltigkeitsprojekten beteiligt, zum Beispiel am „Klimagwandl“. Das Projekt lief 2022 über das Kunstlabor des uniT und beschäftigte sich mit der Frage „Was kann gegen die Klimakrise getan werden?“.

Damen beim Nähen
Mitglieder vom Projekt „Klimagwandl“ Foto: Andrea Fischer

Die grüne Grazer Kulturszene

Eine die sich viele Jahren mit dem Thema Nachhaltigkeit, insbesondere in der Modeindustrie befasst hat, ist Brigitte Bidovec. Sie hat schon für die Modedesignerin und -aktivistin Lisa D. als Produzentin und Pressereferentin gearbeitet, die Verwerfungen der Fast-Fashion-Industrie und der Retourenwahnsinn sind ihr schon lange bewusst. Durch Lisa D’s (teils fiktive) Labels wie „Bis es mir vom Leibe fällt“ wurden Arbeitsbedingungen und Auswirkungen der Modeindustrie immer wieder öffentlichkeitswirksam kritisiert. 

 

Seit einiger Zeit engagiert sie sich intensiv auch für nachhaltige Produktionsbedingungen in anderen Bereichen der Kultur, beruflich seit 2011 für das Filmfestival Diagonale. Was das Theater angeht, so sei etwa auch das Recyceln von Bühnenbildern oder die chemiefreie Reinigung der Kostüme wichtig. Die größte Herausforderung stelle aber der Theaterbetrieb selbst dar, meint Bidovec. Den größten CO2-Abdruck verursachen aber Transport und Mobilität. Mit E-Lastenräder und E-Bussen werde versucht, dem entgegenzuwirken.

 

Durch gezielte Förderungen würden auch immer mehr Einrichtungen den guten Beispielen folgen, die es bereits gibt, und selbst einen positiven Beitrag zur Umwelt leisten. Dazu verweist sie auf ein Zitat auf der Webseite des österreichischen Umweltzeichens: „Der Effekt ist größer, wenn man die Menschen nicht überwältigt, sondern motiviert, freiwillig etwas zu machen.“ Die Diagonale richte die Festivalorganisation schon lange “nach ökologischen, fairen und sozialen Gesichtspunkten aus – von der klimafreundlichen Anreise über Bio-Caterings, von der Barrierefreiheit und dem Zugang für alle in den Kinos bis zu Fragen der Geschlechtergerechtigkeit und Diversität bei Programmierung bzw. Mitarbeit”. 

 

Zur Frage, wie man die eigene Kunst- und Kultureinrichtung nachhaltiger ausrichten kann, moderiert Bidovec am Klimakulturfestival Markt der Zukunft, das am Samstag im Volkskundemuseum über die Bühne geht, übrigens einen Thementisch, an dem auch das Universalmuseum Joanneum, die Kunstuni oder die IG Kultur teilnehmen. 

 

Vor dem Theaterbesuch

Nicht nur Theaterbetrieb und Produktion tragen also ihren Teil bei, auch Besucher:innen können ihren Theaterbesuch klimaneutraler gestalten. In Wien ist es bereits bei vielen Veranstaltungen möglich, Tickets online zu kaufen und bei Einlass digital vorzulegen. „In Graz ist das aber selten der Fall“, erzählt Anja M. Wohlfahrt. Bühnen Graz“ bietet außerdem die Chance, zu verschiedenen Veranstaltungen kostenlos mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen. Und: „Unser Ensemble ist genau das gleiche wie vor zwei Jahren bei der letzten Produktion. Hat auch irgendwo etwas mit Nachhaltigkeit zu tun“, sagt sie und lacht.

 

Markt der Zukunft, 7.10. ab 12.00, Volkskundemuseum
https://marktderzukunft.at/

Uraufführung „Das gelbe Trikot“ 09.11.2023 um 20.00 Uhr
Weitere Termine: 10.11., 11.11. und 23.11., 24.11. & 25.11.2023 um 20.00 Uhr
https://www.theateramlend.at/

Titelbild: Klimagwandl Murpark Foto: Andrea Fischer

2000 geboren und im wunderschönen Salzkammergut (OÖ) aufgewachsen.
Seit Oktober 2023 studiere ich Journalismus und PR an der FH Joanneum Graz. Davor war ich fünf Jahre lang als Buchhändler tätig und bin somit gelernter Buch- & Medienwirtschafter.

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