Ein Portrait von Igor F. Petkovic vor den Kunstwerken seiner Tochter.
Igor F. Petkovic vor den Kunstwerken seiner Tochter Foto: Larissa Zitz

Igor F. Petkovic: Kunst schaffen in der “Ruine” Rösselmühle

Lesezeit: 3 Minuten

Nach dem Brand der Rösselmühle wird diese im Zuge des steirischen herbst’23 für vielseitige Kunstausstellungen genutzt. Igor Petkovic gibt in der Ruine Menschen Raum sich auszuleben und setzt sich zum Ziel, ihnen einen künstlerischen Mehrwert mit auf den Weg zu geben.  

Von: Larissa Zitz und Stephanie Urbitsch

Beim Betreten der Rösselmühle begegnet man im Innenhof einer Mischung aus Kunst-Installationen und Abrissstaub der Baumaschinen. Auf den Stufen des alten Bürogebäudes lächelt uns Igor Petkovic freundlich entgegen, während uns der Geruch des Staubs in der Nase kitzelt. Noch vor fünf Monaten stand die Rösselmühle in Brand, jetzt im Herbst wird sie schon wieder anderweitig genutzt: Im Zuge des steirischen herbst’23 wurde dort am 22. September die prekARTe 2023 eröffnet. Inmitten der Ruine koordiniert Igor Petkovic die Ausstellung. Er selbst schafft, umgeben von Streetart, Skulpturen und Schutt, eine eigene Welt in ihr. Im Rahmen dieses Projekts kann man Ausstellungen und Installationen internationaler sowie lokaler Künstler:innen betrachten. Mit seinem Verein APORON21 hat der Künstler und Koordinator einen Ort geschaffen, der es nicht nur Kunstschaffenden, sondern auch Kindern und Jugendlichen erlaubt, sich in verschiedensten Kunstnischen auszuleben. Wir treffen ihn vor Ort und erfahren, dass hinter ihm mehr steckt als zunächst angenommen.

Aus dem ehemaligen Bürogebäude blickt man vom 4. Stock aus auf den Abriss des Brandschadens
Abriss in der Rösselmühle
Foto: Stephanie Urbitsch

Zwischen Kaspressknödel und Cevapcici

Igor Petkovic wuchs als Sohn eines serbischen Gastarbeiters in Salzburg auf. „Mit 8 habe ich herausgefunden, dass meine beiden Opas an der gleichen Front waren, aber auf unterschiedlichen Seiten“, beschreibt er seine Kindheit, während er im Hof der Rösselmühle steht. So waren Familienstreitigkeiten im Alltag unausweichlich, trotz aller Differenzen sagt er: „Ich wurde trotzdem von beiden Opas und auch Omas geliebt und ich habe auch sie alle geliebt.” Petkovic möchte sich vor allem als “Friedenskünstler” auszeichnen. Er rief Projekte wie die Entstehung des “Franz Ferdinand Prinzip” ins Leben, welches auf den Mythos der Weißen Gams bzw. deren „Fluch“ eingeht und wie ihr Schuss der Grund für den Tod des Thronfolgers Franz Ferdinand gewesen sein könnte. Aus diesem Prinzip entstand dann auch das gleichnamige Buch. Vom “Handschlag des Friedens” 2018 bis hin zur prekARTe 2023, welche unter dem Thema „Im Windschatten von Spekulation, Krise und Krieg” steht, ist immer wieder zu sehen, wie sehr ihn seine Kindheit und die Verbundenheit mit zwei Kulturen prägt.

Petkovic ist wichtig klarzustellen, dass Kunst ein Prozess ist und nicht das reine Endprodukt. „Man sollte schon in den Prozess investieren und nicht erst dann in das fertige Projekt“, sagt er, während er stolz die Kunstwerke seiner Tochter präsentiert. “Besonders jungen Menschen sollte ein Vertrauensvorschuss gegeben werden, damit sie sich beweisen können.“ Petkovic erzählt auch von einem Konzert im Rahmen der prekARTe22 mit Nikola Mazura in Graz, bei dem die verwendeten Instrumente aus Waffen gebaut wurden. So beschreibt Petkovic das Projekt als Leitfaden, “der zeigt, wie man alles transformieren kann, aus einer Kalaschnikow eine E-Gitarre, aus einer Bazooka ein Cello, aus einem Flammenwerfer ein Fagott wird”. Igor Petkovic selbst hat durch seine Verbundenheit zum Balkanraum viele internationale Kontakte, durch die er immer wieder auch Künstler:innen aus aller Welt zur Zusammenarbeit bringt und somit aus der „Grazer Enge“ auszubrechen versucht.

prekARTe: Kunst im „Abriss“

Igor F. Petkovic als Zentaur bei der Eröffnung der prekARTe23
Igor Petkovic als Zentaur bei der Eröffnung der prekARTe23
Foto: prismaundkante

Das zeigt sich auch beim Projekt der prekARTe23 mit dem Standort in der Rösselmühle, der als Treffpunkt des künstlerischen Austausches dienen soll, wobei Jung und Alt miteinbezogen werden. Besonders Jugendlichen aus sozialen Brennpunkten, wie dem Oeverseepark, möchte Igor Petkovic eine Chance geben, von “illegalen Schmierereien” zu künstlerisch wertvollen Bildern zu kommen. Er will sie von der Kriminalität wegholen: „Wir geben ihnen die Möglichkeiten, was sie damit in ihrer Welt machen, entscheiden sie selbst.” Damit möchte er Kindern die gleichen Chancen geben, die Petkovic sich selbst hart erarbeiten musste, da er von seinen Mitschüler:innen und anderen Mitmenschen meist als “Jugo” bezeichnet und herabgesetzt wurde.

Petkovic arbeitet eng mit Künstlern weltweit zusammen, wie Consuelo Mendez aus Venezuela, aber auch den “Kindern von nebenan”, um mit seiner „Friedenskunst“ einen Mehrwert für die Grazer Kunstszene zu vermitteln. In der Rösselmühle zu sehen sind unter anderem das Friedensprojekt einer Linzer Kunststudentengruppe, die “Tumorzellentwicklung” einer ehemaligen Krebspatientin oder auch sein eigener “Totentanzparavent”. Ob Kinder und Jugendliche in unmittelbarer Nähe oder Künstler:innen aus Berlin, Serbien oder Bosnien, wichtiger als die pure Ästhetik ist laut Petkovic die Message hinter der Kunst. Dahinter steht für ihn „Kunst darf poetisch bleiben“, aber auch:  “Künstlerischer Content braucht Zeit”.

Der Höhepunkt der prekARTe findet am 14.10. um 18 Uhr im Rahmen einer Finissage in der Rösselmühle statt.  Zum Abschluss möchte Igor Petkovic folgendes mit auf den Weg geben: “Nur durch den Glauben an Veränderung ist diese auch möglich”.

 

Informationen und Veranstaltungen zu APORON21:

https://www.aporon21.org

Informationen zum Buch „Das Franz-Ferdinand-Prinzip“:

https://edition.lammerhuber.at/buecher/das-franz-ferdinand-prinzip

Instergram-Account von Consuelo Mendez:

https://instagram.com/mendezconsuelo2?igshid=NTc4MTIwNjQ2YQ==

 

 

1996 in Wien geboren, bin ich im Herbst 2017 nach einem Jahr in Kufstein (Tirol) nach Graz gezogen. Kurz darauf habe ich mit Tiersitting bei der Agentur Pfotenprinz begonnen und so neben einem begonnenen Geschichtestudium einige Kontakte in Graz geknüpft. Von Oktober 2019 bis März 2023 habe ich bei der Schlossbergrutsche Graz direkt unterm Uhrturm gearbeitet. Nachdem ich aus gesundheitlichen Gründen diese Arbeit aufgeben musste habe ich mich zum Studium an der FH beworben weil mich der Bereich Journalismus seit Jahren interessiert. Meine Interessen sind breit gefächert, wie zum Beispiel Lesen, Reisen, Geschichte, Politik, Sport etc.

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