Portrait Lisa Rainer - Gründerin des "Verschenkregals" in Eggenberg

Ein Carport voller Nächstenliebe

Lesezeit: 2 Minuten

In einem unscheinbaren Carport in Eggenberg hat die Grazerin Lisa Rainer das Verschenk-Regal ins Leben gerufen. Hier kann man ganz einfach Dinge, die man nicht mehr braucht, abgeben, um anderen damit Freude zu bereiten. Welche Motivation steckt hinter dem Geben und Nehmen?

Von: Luisa Wassnig, Nadja Weixler und Emilia Wolfbauer-Pokorny

Ein verregneter Tag in der Handelstraße in Eggenberg. Beim Spaziergang durch die Wohngegend ist das Carport von Lisa Rainer ein Blickfang in der sonst eintönigen Umgebung. Statt eines teuren SUVs befinden sich hier – völlig unerwartet – Bücher in deckenhohen Regalen, Kinderkleidung in der einen Ecke, Feuerwehrautos und ein beschriftetes Matheheft in der anderen, eine Matratze lehnt an der Wand und sogar Müsliriegel liegen in einer Schublade. 

Eigentlich war es Rainers Idee, das größte öffentlich zugängliche Bücherregal im Raum Graz zu schaffen. „Meine Regale wurden aber immer wieder von der Stadt Graz entfernt. Deswegen habe ich dann einen Tisch mit Büchern in die leerstehende Garage meines Bruders gestellt, diese steht auf privatem Grund”, erzählt die Eggenbergerin.

Ein Carport als Sozialprojekt

Nachbarn brachten Kästen, Tische und andere Dinge, die sie nicht mehr gebrauchen konnten, und die Idee entwickelte sich rasant vom Bücherregal zum Sozialprojekt: Menschen geben Dinge, die sie nicht mehr benötigen, weiter, während andere das mitnehmen können, was sie brauchen. Die Anrainer erzählen, dass sie sogar nachts Lichtkegel von Taschenlampen an den Wänden des Carports umherwandern sehen. Womöglich aus einem Unwohlsein heraus – doch das gehört wohl zu einem Sozialprojekt dazu.

„Das Leben hier steht nie still, die Garage ist rund um die Uhr geöffnet und es regelt sich alles eigenständig, abseits von Organisationen und Spendengeldern”, erklärt Lisa Rainer, die die Hausregeln auf hölzernen Tafeln  aufgeschrieben und an den Wänden montiert hat. Das oberste Credo darauf lautet: „Bitte seid fair!” Jede Woche  wird das Angebot von rund 200 Personen genutzt, schätzt Rainer.

Nachhaltige Glücksfunde

Eine von ihnen ist Ulrike Ledineg, die ihr Auto gerade vor der Garage parkt. Sie schaut jeden zweiten Tag vorbei, heute hat sie ihr „Urenkerl” mitgebracht. Die engagierte Dame unterstützt das Projekt seit seiner Gründung und hilft mit, den Ort sauber zu halten. „Die Unordnung, die hier manchmal entsteht, muss nicht sein.” Manchmal stößt die Seniorin aber auch auf wahre Glücksfunde: Bücher, die es im Handel nicht mehr gibt, Feuermelder oder einen alten Biedermeier-Spiegel hat sie schon mit nach Hause genommen. 

Vielleicht bringt Steffi die nächsten Schätze vorbei, auch sie nutzt das Carport regelmäßig. Für sie steht der Gedanke der Nachhaltigkeit im Vordergrund, ihr ist es ein Anliegen, dass Schönes ein zweites Leben  bekommt. Außerdem betont die Mutter, die ihren ganzen Namen nicht in der Annenpost lesen möchte: „Ich vertraue anderen Organisationen nicht, weil oft Sachen weiterverkauft werden. Ich möchte nicht, dass jemand für meine alten Dinge Geld bezahlen muss.” Während Steffi Schuhe einsortiert, laufen zwei Kinder, gefolgt von ihrer Mutter, lachend in den Raum. Bevor Steffi es schafft, das Mitgebrachte einzuräumen, stürzen sich die Buben auf ein Paar grüne Sportschuhe. Die Augen der Jungs leuchten.

Steffi beim Stöbern
Steffi beim Stöbern im Verschenk Regal – Foto: Emilia Wolfbauer-Pokorny

Lisa Rainer ist stolz, einen Ort wie diesen geschaffen zu haben, in dem jeder und jede ohne Erklärung das nehmen kann, was er oder sie benötigen. Die 46-Jährige, die immer schon ein Faible für Second-Hand hatte, erfüllte sich so ihren Traum, ehrenamtlich zu arbeiten. Und obwohl die Nachbarschaft anfangs skeptisch war und sie sich wie der „bunte Hund“ fühlte, gab die Optimistin nicht auf: „In den ersten Jahren wurde das Regal nur selten besucht, doch nach einiger Zeit fiel die Hemmschwelle, vielleicht, weil sich hier lauter Gleichgesinnte aufhalten. Mittlerweile ist der Ort nie leer und die Gemeinschaft zwischen den verschiedenen Personen, die am Projekt teilnehmen, wird gestärkt.” Ihre Philosophie hinter all dem lautet „Geht nicht, gibt’s nicht“, deshalb ruft Lisa Rainer alle dazu auf, sich selbst zu fragen: „Habe ich nichts zu verschenken?“

 

Titelbild: Lisa Rainer Gründerin des Verschenk-Regals in Eggenberg – Foto: Emilia Wolfbauer-Pokorny

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