Direktorin Gehrke: „Man muss ein bisschen verrückt sein“

Lesezeit: 2 Minuten

Seit Anfang September herrscht Echtbetrieb im neuesten Grazer Gymnasium. Mit der AHS Reininghaus startete das “letzte Pionierprojekt” von Direktorin Ingrid Gehrke. In ihrem Büro berichtet sie von ihrem Auftrag, eine Schule von Null aufzubauen, und was ihr dabei besonders wichtig war.

Von: Clemens Lesch und Magdalena Kurz

An diesem verregneten Mittwochnachmittag herrscht Stille in der AHS Reininghaus. Die meisten Schüler:innen sind bereits zu Hause, nur in vereinzelten Räumen scheint noch Licht auf die nagelneue Inneneinrichtung. Einer dieser neu eingerichteten Räume ist das Büro von Ingrid Gehrke. Am Regal der Schlüssel zur Eröffnung, hinter ihrem Schreibtisch der Ausblick auf die unverbrauchten Bezirkssportplätze – alles wirkt jung und frisch. Vor kurzer Zeit sah hier alles noch ganz anders aus. 

“Es gab nichts”, erinnert sich Gehrke an die Zeit, als sie den Auftrag erhielt, das pädagogische Profil einer neuen Schule zu erstellen. Einzig der Bauplan für das Schulgebäude, entworfen vom Team rund um Architektin Sandra Janser, war vorhanden – der Lehrkörper bestand nur aus ihr selbst. Als sie damals auf der Schul- und Berufsinfomesse in Graz ihre Pläne für eine neue Schule präsentieren sollte, standen diese erst ganz am Anfang. Dann ging es mit der Planung voran, das Team wurde größer und ihr wurde klar, dass “ganz viel geht, wenn mehrere Leute an ein Projekt glauben – weil es einfach gehen muss.” Und es ging: Nach einer kurzen Vorlaufphase in Containerräumen am Gelände der BG/BRG Klusemannstraße eröffnete am 9. September nach über 30 Jahren in Graz wieder ein Gymnasium. Schon jetzt beherbergt die Schule zehn Klassen – bei Vollbezug werden mehr als 900 Schüler:innen die Klassenzimmer füllen.

Das neue Schulgebäude der AHS Reininghaus. Foto: Clemens Lesch

Zu diesem Projekt kam Gehrke, wie sie sagt, auch aufgrund ihres ungewöhnlichen Lebenslaufs. Ihre Eltern konnten – der zweite Weltkrieg tobte in Europa – nur die Volksschule besuchen, Gehrke ihre Schule später aber frei wählen. Das sei für sie eine prägende Erfahrung gewesen. Sie studierte Lehramt für die Fächer Deutsch und Englisch, stieß dann in der Bildungsdirektion jedoch auf verschlossene Türen. “Mir hat der Zuständige gesagt: ‘Suchen Sie sich was Anderes, wir haben in den nächsten 15 Jahren keine Stelle für Sie.’” Daraufhin ging sie an die Universität, gründete und leitete das Absolvent:innen-Büro und rief anschließend das International Office an der FH Joanneum ins Leben. 2021 wurde sie damit beauftragt, für den neuen Stadtteil Reininghaus ein Gymnasium zu gründen. “Das ist aber mein letztes Pionierprojekt”, meint Gehrke.

Die Schnittstelle von Industrie und Innovation ist überall erkennbar – Foto: Clemens Lesch

Für Gehrke war der Standort Reininghaus in gewisser Weise auch Programm, er steht für Industrie und Innovation. Daraus und aus Gehrkes Interesse an internationalen Entwicklungen entstand die Idee, einen naturwissenschaftlichen Schwerpunkt gemeinsam mit intensivem Englischunterricht anzubieten. Gleichzeitig hat aufgrund der hohen Mehrsprachigkeit im Viertel – ein Drittel der Schüler:innen hat eine andere Muttersprache als Deutsch – die Sprachförderung einen hohen Stellenwert. Mit dieser Kombination möchte die Direktorin ihren Schüler:innen sowohl in Österreich als auch international alle Türen öffnen. Projekte wie die Kooperation mit dem Bildungsformat RadioIgel oder die klimafreundliche Stromversorgung durch eine Photovoltaikanlage runden das innovative Schulprofil ab.

 

Titelbild: Direktorin Ingrid Gehrke in ihrem Büro – Foto: Magdalena Kurz

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

12 − neun =

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Vorherige Geschichte

Wie erfolgreich sind die Schutzzonen?

Nächste Geschichte

Ein neuer Safe Space für ukrainische Künstler:innen

Letzter Post in SOZIALES