Wie ‚circulART’ eine Giraffe auf Reisen schickt

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Mit der Neueröffnung der Materialhalle in der früheren Rösselmühle will Max Gansberger den Grazer Materialkreislauf ankurbeln. Das Angebot kommt gut an – aber ist es auch wirtschaftlich rentabel?

Von: Cheyenne Schröfl, Alex Schmidbauer & Jakob Schöne

Max Gansberger steht im Eingang der alten Rösselmühle in Gries. Ein kühler Windzug zieht durch die Halle. Eine Heizung gibt es nicht. Neben ihm steht eine knapp drei Meter hohe Giraffe aus Holz. Zu seiner Rechten parkt eine „Running Sushi Bar“. Von einfachen Holzplatten über vier ausgestopfte grüne Figuren bis hin zu besagter Giraffe – sie alle waren vorher Teil einer Ausstellung, eines Protests, einer Theateraufführung. Nun stehen sie in der alten Rösselmühle – in der Materialhalle des Vereins „circulART“. Es sei etwas Besonderes, sagt Gansberger: „Wir sind die ersten in Österreich, die so etwas anbieten.“

Giraffe aus Holz und drei ausgestopfte Figuren – Foto: Jakob Schöne

Vor nunmehr über anderthalb Jahren ist Max Gansberger aus Zufall auf das Areal der alten Rösselmühle gestoßen. Am 21. September öffnete seine „Materialhalle” schließlich offiziell ihre Pforten.

Die Idee ist simpel: Museen oder Theater geben ihre alten Requisiten oder Bühnenbilder ab, statt diese auf der Sperrmüllanlage zu entsorgen. „circulART” vermietet beziehungsweise verkauft diese im nächsten Schritt an Kunstschaffende oder anderweitig Interessierte weiter. Dadurch entsteht ein nachhaltiger Wirtschaftskreislauf, der die Entstehung unnötiger CO2-Emissionen durch Vernichtung oder größere Transporte verringert.

Auf dem Areal der Rösselmühle findet man viele ausgefallene Objekte – Foto: Jakob Schöne

So war auch die hölzerne Giraffe Teil der Ausstellung des niederländischen Künstlers Gabriel Lester „Pluralistic Ignorance”  in der Neuen Galerie Graz. Nach Ausstellungsende sollte diese nach Amsterdam zurückgeschickt werden. „Und das kostet total viel Geld”, so Doris Psenicnik, Ausstellungsregistratin beim Universalmuseum Joanneum. Sie arbeitete bereits zuvor mehrfach mit Max Gansberger zusammen, wodurch auch der Kontakt zum Projekt entstand. 

Genau hier kommt das Prinzip der Kreislaufwirtschaft von Max Gansberger ins Spiel: Es soll eine „Win-Win” Situation geschaffen werden, da die Kosten deutlich unter jener der Entsorgung via Sperrmüll liegen. Die Objekte verkauft er dann für maximal 50 Prozent des Wertes an Interessierte weiter. Der Mietpreis beträgt monatlich knapp ein Zehntel des Verkaufspreises pro Monat. 

Auch Georg Gratzer hat dieses Angebot in Anspruch genommen. Er ist Kurator am Kunsthaus in Weiz. Über „circulART” wanderten drei grüne Sitzsäcke zur Ausstellung von Comiczeichner Chris Scheuer. „Ich habe einfach die ganze Entstehungsgeschichte mitbekommen, also diese großartige Idee mit der Kreislaufwirtschaft, und werde mir auch in Zukunft immer wieder Sachen von ihm ausborgen”, so Gratzer.

Sitzsäcke, Kunsthaus Weiz – Foto: Georg Gratzer

Die Resonanz sowohl von den Käufer:innen als auch seitens der Verkäufer:innen ist also positiv. Max Gansbergers Projekt ist aber noch lange nicht wirtschaftlich rentabel: „Ich glaube, ganz ohne Förderungen können wir diesen Betrieb nicht aufrechterhalten.” Er hofft, dass sich das Projekt in zwei bis drei Jahren selbst tragen kann. Das Universalmuseum Joanneum hat bereits weiteres Interesse ausgesprochen. Ob die Bühnen Graz oder die Grazer Universität für darstellende Kunst und Kultur – viele angesehene Institutionen sind am Projekt interessiert.

Trotzdem bräuchte es noch mehr: Bessere Förderung für Nachhaltigkeitsprojekte und mehr politische Aufmerksamkeit wären zumindest ein Anfang, sagt Gansberger offen. „Es ist ein Herzensprojekt und es wäre echt schade, es abzubrechen. Aber wenn es nicht angenommen wird, dann werde ich nicht wie Don Quijote gegen Windmühlen kämpfen. Der positive Zuspruch motiviert uns allerdings, weiterzumachen.”

Titelbild: Max Gansberger neben der Holzgiraffe. – Foto: Jakob Schöne

Gebürtiger Berliner und seit 2023 in Graz. Angehender Journalist an der FH Joanneum. Nebenbei bin ich noch als selbstständiger Motion-Designer und Video-Editor tätig.

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