Ein großes Herz für kleine Streuner

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Seit einem Vierteljahrhundert umsorgt die 81-jährige Frau Plank die streunenden Katzen im Lend. Doch der Bezirk verändert sich – jetzt  stößt Frau Planks Fürsorge an Grenzen. 

Von: Alba Hug, Andreas Jell

In gemütlichem Tempo bahnt sich eine ältere Dame ihren Weg durch den verwachsenen Schrebergarten in der Daungasse im Westen des Lend. Ausgestattet mit Einkaufstrolley und Regenmantel, stoppt sie bei einer kleinen, selbstgebauten Holzhütte im hinteren Eck einer unbewohnten Parzelle. Aus ihrem Trolley holt sie mit Namenskärtchen versehene Plastikschälchen hervor und stellt sie, begleitet von liebevollen Lockrufen, auf den Boden. Schon huscht aus einem Busch eine grauhaarige Katze und schmiegt sich an die Beine der Pensionistin. „Na, wie geht’s dir denn, Muckilein? Wo warst du heute schon unterwegs?”, fragt sie, während der Vierbeiner gierig das Futter verschlingt. Dann verabschiedet sich die Frau von ihm.

Seit 25 Jahren ist das Frau Planks Ritual: Sie hegt und pflegt Streunerkatzen. Aufgewachsen am Land, zog die Tierliebhaberin bereits im jungen Alter nach Graz. „Die Stadt hat mich schon immer angezogen”, erzählt sie. Frau Plank, die in dieser Geschichte nur Frau Plank genannt werden möchte, war lange im Sozialwesen tätig, unter anderem im Magistrat. Ihr halbes Leben ist sie schon im Lend zuhause. Und so fanden auch die streunenden Katzen des Bezirks in ihren Heimgarten.

Wärmflaschen für Streuner

Schon Frau Planks Oma war Tieren sehr zugetan. Ihr Umgang mit den Vierbeinern prägte die heute 81-Jährige früh und legte den Grundstein für ihr eigenes Engagement. Denn die verwahrlosten Streuner erregten ihr Mitleid, sie wollte ihnen helfen. Eine schwere Aufgabe: „Am Anfang durfte ich sie nicht einmal berühren.“ Doch mit Geduld und Futter gewann Frau Plank das Vertrauen der wild lebenden Vierbeiner und brachte sie zum Tierarzt, ließ sie sterilisieren und kastrieren sowie Verletzungen behandeln. Um den Tieren auch einen sicheren Zufluchtsort zu geben, baute die 81-Jährige Schlaf- und Futterplätze in den zunehmend leerstehenden Gärten. Hier können sich die Katzen frei bewegen und finden zu jeder Jahreszeit einen warmen Unterschlupf. Mit Hilfe ihrer Nachbar:innen hat Frau Plank nämlich die Wände verstärkt und den Innenraum ausgepolstert. „Und an besonders kalten Tagen lege ich ihnen eine kuschelige Wärmflasche dazu”, erzählt sie. Einmal täglich besucht sie diese Stationen und serviert ihren Schützlingen ein ausgewogenes Vier-Gänge-Menü, bestehend aus verschiedenem Nass- und Trockenfutter.

Ein von Frau Plank und ihren Nachbar:innen gebauter Unterschlupf für die Streunerkatzen – Foto: Andreas Jell

„Ich bereue keine Stunde, die ich hergegeben habe für die Tiere“

Dieses zeitintensive Katzen-Programm brachte ihr schon viel – teils unerwünschte – Bekanntheit im Viertel ein. Auch deshalb ist Frau Plank hier eben nur Frau Plank. Aber: „Ich bereue keine Stunde, die ich hergegeben habe für die Tiere.“ Und die 81-Jährige ist sich bewusst: Nicht nur die mit dem Alter wachsenden körperlichen Einschränkungen, sondern auch die Veränderungen im Viertel sorgen dafür, dass sie keine neuen Katzen mehr verpflegen kann. 

Denn die Pläne der Stadt Graz, die Heimgärten für neue Projekte abzureißen, und überhaupt die rege Bautätigkeit in der „Smart City“ seien mitverantwortlich für das baldige Aus ihrer jahrelangen Tierpflege. „Ich kann die vielen Neubauprojekte nicht nachvollziehen. Ich würde mir wünschen, die bestehenden Gebäude zu pflegen und zu renovieren, um nicht noch mehr Grün zu verlieren.” Trotz der Unklarheit für die Zukunft will Frau Plank ihre jetzigen Lieblinge noch versorgen. Ein Tierheim kommt für sie aufgrund der Scheuheit  der Katzen nicht in Frage. Daher wird sie auch morgen Nachmittag zur gleichen Zeit losziehen, um die streunenden Katzen vom Lend zu füttern.

Die Schrebergärten bieten den Streunern ein Zuhause. – Foto: Alba Hug

 

Titelbild: Frau Plank auf dem Weg zu ihren vierbeinigen Lieblingen – Foto: Alba Hug

 

 

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