Wie erfolgreich sind die Schutzzonen?

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Seit drei Monaten ist der Volksgarten wieder eine Schutzzone, seit wenigen Tagen auch der Metahofpark. Funktionieren die Maßnahmen, um den Drogenhandel im Viertel einzudämmen? Wir haben mit Anrainern, Parkbesucher:innen, Konsumenten und der Ordnungswache gesprochen.

Halbzeit: Seit 15.Juli gibt es im Volksgarten erneut eine Schutzzone, die – sollte sie nicht verlängert werden –  noch bis zum 15. Jänner gültig ist. Ursprünglich wurde diese eingeführt, um die Drogenkriminalität im Volksgarten in den Griff zu bekommen, nachdem sich Anrainer:innen über die steigende Kriminalität beschwert hatten. Die neue Schutzzone im Volksgarten wurde trotz anfänglicher Skepsis seitens der Polizei schließlich durch die Landespolizeidirektion verordnet. Ein Anlass, zu dem sogar Innenminister Gerhard Karner und Landeshauptmann Christopher Drexler, beide ÖVP, eigens in den Volksgarten kamen. In Kraft  trat sie schließlich am 15. Juli. 

Die Polizei hat in Schutzzonen besondere Rechte: Sie darf schärfere Kontrollen durchführen, Verweisungen aussprechen und Betretungsverbote verhängen – schon wenn ein bloßer Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung nach dem Straf-, Verbots-, oder Suchtmittelgesetz besteht. Eine Missachtung der Betretungsverbote hat hohe Geldstrafen zur Folge. Drei Monate später sind die Meinungen über die Wirksamkeit der Schutzzone geteilt. Nachdem sich die Drogenszene kurzfristig in den Metahofpark verlagert hatte, wurde diese Woche auch dieser zur Schutzzone erklärt. Die Annenpost hat sich die letzten Tage umgehört, mit Parkbesucher:innen, Anrainer:innen und der Ordnungswache gesprochen. 

 

Zwei Parkbesucher beim Chillen – Foto: Lena Gollowitsch

Die Parkbesucher

Auf einer Parkbank beim Karl-Morré-Denkmal im Volksgarten sitzt an einem verregneten Nachmittag Joseph F. und rollt seine nächste Zigarette. Er ist ein wenig enttäuscht, im Park ist nichts los. “Es sind ja nur noch Drogendealer und Hundebesitzer da.”

Auf das Konsumverhalten im Park scheint die Schutzzone keinen Einfluss zu haben. Bei einem Spaziergang durch den Park werden einem nach wie vor Drogen angeboten, am Kiosk etwa, der in letzter Zeit zum Automatenshop mutiert ist. Einziger Unterschied: Dealer halten sich hier jetzt kürzer auf, erzählt der im Rollstuhl sitzende Arnold Nemas, der gerade mit seinem Betreuer durch den Park fährt. Der Betreuer hat beobachtet, dass der Effekt der Schutzzone über die Zeit nachlasse. Anfangs habe man weniger Dealer gesehen, auch weil die Ordnungswache noch häufiger vor Ort war.

Eindeutig erkennbar ist: Der Park hat durch die Schutzzone an Lebendigkeit verloren. „Der Park ist wie ausgestorben“, berichtet uns auch Angelika Müller in einem Telefonat. Sie wohnt in der Nachbarschaft, und beschäftigt sich in ihrer Freizeit, aber auch für ihre Bachelorarbeit, intensiv mit dem Volksgarten und engagiert sich ehrenamtlich im Stadtteilprojekt Annenviertel. Sie bemerkt einen gravierenden Rückgang von Besucher:innen des Parks, wodurch kaum Austausch mit anderen stattfindet. Was sie auch findet: “Mich stört vor allem, dass der Volksgarten in den Medien, speziell seit der Einrichtung der Schutzzone, in ein schlechtes Licht gerückt wird.”

Das Anrainer:innen-Treffen

Zwei Tage davor war Angelika Müller auch anwesend, als einige Anrainer:innen auf Einladung des Friedensbüros im Büro des Sozialamts in der Volksgartenstraße über die Zukunft des Parks diskutierten. Das Friedensbüro hatte zur “Denkfabrik” geladen. Zum “ERVolksgarten”, so die Einladung, die im Viertel ausgehängt war, soll der Park wieder werden. Was die Lage in der Schutzzone angeht, waren sich die meisten der Anwesenden einig: Belebt sei der Park seit dem Beginn der Schutzzone nicht. Jedoch sauberer und ruhiger, worüber sich alle freuen. Vor allem nachts und in den frühen Morgenstunden würden sie nun nicht mehr von Schreien oder Lärm aus dem Volksgarten geweckt. Die Unsicherheit ist aber für einige der Anwesenden geblieben. 

„Wie wäre ein Volksgarten, in dem ich meine 13-jährige Tochter auch alleine Zeit verbringen lassen würde?“, fragte Ursula Hauszer vom Friedensbüro dann die Besucher:innen noch. Dafür müsse noch viel getan werden, darüber herrschte Einigkeit im Raum.  Aber die Anwesenden waren vom Friedensbüro auch dazu angehalten, einen Abend lang “Weihnachtswünsche” zu äußern. Und so wünschten sich einige einen Eislaufplatz für Kleinkinder, Schach im Park, eine Wiese speziell für kleine Hunde, ein Kaffeehaus statt des Automatenshops im Pavillon und die Möglichkeit, Sportgeräte auszuborgen. Außerdem mehr Bänke, Hochbeete und freie Graffitiwände. 

Nachdem all diese Vorschläge auf einer Tafel gesammelt wurden, hängt das Friedensbüro einen Zettel auf: “Was können WIR tun?” Denn es herrschte Einigkeit unter den Anwesenden, dass eine gestärkte Nachbarschaft, das Bespielen des Parks, mehr Präsenz zu einem Rückgang der Drogendeals im Volksgarten führen würde. Präsenz zeigen! Das war auch das Stichwort des Abends: Einerseits wünschten sich die Anwohner die Präsenz der Stadt, vor allem durch die Ordnungswache. Diese soll seit Kurzem aber wieder abgenommen haben, wie eine Frau beklagte: “Und wenn weniger los ist, ist was los.” Das Friedensbüro versprach, all diese Anliegen beim nächsten Runden Tisch des Magistrats einzubringen. “Wir sind zwar nicht das Christkind, können aber Wünsche weiterleiten”, sagt Ursula Hauszer.

Die Schule

Auch Christine Mayr-Bauernhofer, Lehrerin an der KLEX in der Marschallgasse, fällt auf, dass – trotz Schutzzone – immer noch verstärkt gedealt und konsumiert würde. “Drogen sollten nirgends Platz haben, aber gleichzeitig bleiben sie natürlich immer ein Teil unserer Gesellschaft. Davor sollten wir unsere Augen nicht verschließen”, meint sie. Den Schüler:innen der KLEX würden regelmäßig Drogen auf dem Schulweg angeboten, auch während des Sportunterrichts beobachteten sie häufig die Tätigkeiten der Dealer. 

Viele Eltern hätten Bedenken, gerade wenn der Park zu schulischen Zwecken genutzt wird. „Es hat an sich immer gut funktioniert und funktioniert nach wie vor, allerdings war in den letzten eineinhalb Jahren eine deutliche Erhöhung sichtbar”, meint Mayr-Bauernhofer. Um dieser entgegenzuwirken, wünscht sie sich – ähnlich wie die Anrainer:innen – mehr Präsenz im Park und beispielsweise die Errichtung eines Spielbretts für den Schachclub. 

Ordnungswache bei der Arbeit im Volksgarten – Foto: Lena Gollowitsch

Die Ordnungswache 

Wenig Zweifel an der Wirksamkeit der Schutzzone hat Thomas Lambauer, zuständig für die Ordnungswache. Telefonisch bestätigt er: „Hinsichtlich der Schutzzone können wir sagen, dass die Drogenproblematik im Volksgarten weniger wurde.“ Die Polizei hatte Ende September im Rahmen einer Pressekonferenz verlautet, dass es bereits mehr als 130 Betretungsverbote und 50 Anzeigen wegen Missachtung derselben gab. Zusätzlich wurden rund 400 Cannabis und 1.5 Gramm Kokain sichergestellt. 

Die Aufgabe der Ordnungswache: Sie stellt eine Streife, die von Montag bis Samstag sieben Stunden täglich im Volksgarten präsent ist und bei Streit vermitteln soll. Im Herbst in der Zeit von 11 bis 18 Uhr. Bei schlechter Witterung halten sich die Ordnungshüter nicht direkt im Park auf, sondern in unmittelbarer Umgebung, sagt Lambauer. „Wir warten das Regenwetter ab und gehen erst dann wieder rein.” 

Was kommt

Trotz unterschiedlicher Perspektiven und  Interessen sind sich Parknutzer:innen in einem Punkt einig:  dass mehr Präsenz und langfristig gedachte Maßnahmen nötig sind. Das Friedensbüro immerhin ist jeden Dienstag von 16 bis 18 Uhr vor Ort, im Park oder in den Räumen des ehemaligen Sozialamts in der Volksgartenstraße, und offen für die Anliegen und Fragen der Anwohner:innen. Das nächste “ERVolksgarten”-Treffen findet am 5. November statt. 

Ein Artikel von: Anna Fiala, Elias Bischof, Marcus Edlinger, Lena Gollowitsch, Stefanie Groß
Titelbild: Automaten-Pavillion bei Regen – Foto: Stefanie Groß

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